Lernen mit KI
Was ist sinnvoll, was nicht?

Lernen mit KI
Was ist sinnvoll, was nicht?
Künstliche Intelligenz (KI) wird inzwischen in fast allen Gebieten eingesetzt und erprobt – auch im Bildungsbereich. KI bietet viele praktische Anwendungsmöglichkeiten ob im Unterricht oder beim Lernen zu Hause. Ihr Einsatz beinhaltet Chancen, geht aber auch mit einer Reihe von Herausforderungen einher. KI kann das Lernen an Schulen individueller machen und einzelne Schülerinnen und Schüler ganz gezielt unterstützen. Sie birgt jedoch auch erhebliche Risiken, beispielsweise im Hinblick auf den Datenschutz.
Nutzen die Lehrerinnen und Lehrer an der Schule Ihres Kindes bereits KI im Unterricht? Und wie sprechen Sie zuhause mit Ihrem Kind über dieses Thema? Nimmt KI bereits einen Anteil bei den Hausaufgaben ein?
Lehrkräfte und KI-Einsatz: Daten und Fakten
Der Branchenverband Bitkom hat von Juni bis August 2024 im Rahmen einer Studie 502 Lehrkräfte der Sekundarstufe 1 gefragt, ob und wie sie KI in der Praxis anwenden. Das sind die Ergebnisse:
- 28 Prozent haben noch keine Erfahrungen mit KI, möchten aber in Zukunft welche sammeln.
- 51 Prozent haben KI schon für die Schule genutzt. Nur gut die Hälfte von ihnen will das auch in Zukunft tun.
- 45 Prozent der Lehrkräfte, die bereits KI im Schulkontext genutzt haben, möchten künftig lieber darauf verzichten.
- 11 Prozent lehnen die Nutzung von künstlicher Intelligenz kategorisch ab.
So setzten die befragten Lehrkräfte KI ein:
- Wissensvermittlung (81 Prozent)
- KI erklären (59 Prozent)
- Feedback geben lassen (43 Prozent)
- Unterrichtsvorbereitung (36 Prozent)
- Prüfungsaufgaben erstellen lassen (30 Prozent)
- Prüfungen kontrollieren (29 Prozent)
- Nutzung als Hausaufgabe geben (10 Prozent)
Möglichkeiten und Chancen von KI beim Lernen
Lernen personalisieren mit KI
KI kann individuelle Lernfortschritte analysieren und darauf basierend maßgeschneiderte Lernpläne erstellen. Dies ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, in ihrem eigenen Tempo zu lernen und spezifische Schwächen gezielt anzugehen.
Dies kann Ihrem Kind große Vorteile bringen – sowohl im schulischen als auch im privaten Kontext. Lehrkräfte haben hier aktuell noch bessere Möglichkeiten, da es bereits viele KI-Anwendungen von Verlagen und Fachfirmen gibt, die speziell für den Einsatz in der Schule konzipiert wurden. Auch für das Lernen zu Hause wächst nach und nach das Angebot an KI-Anwendungen für Hausaufgaben und Co. Wichtig ist für die Eltern und die Lehrkräfte: die KI sollte niemals die persönliche Unterstützung ersetzen, sie ist immer als Erweiterung der eigenen Möglichkeiten zu sehen.
Interaktive Lernumgebungen
Beim interaktiven Lernen entsteht eine dynamische Wechselwirkung zwischen dem Lernenden und den Lehrmaterialien. Das geschieht durch
- direkte Kommunikation mit anderen Lernenden,
- den Einsatz digitaler Tools oder
- die Teilnahme an simulierten Szenarien.
Die aktive Beteiligung führt zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Lernstoff. Lernende erhalten kontinuierlich Feedback und können ihren Lernstand so besser überprüfen. Der Austausch fördert Problemlösungskompetenzen und kritisches Denken.
Durch den Einsatz von KI-gestützten Anwendungen können Lernende in interaktive und adaptive (passt sich an den individuellen Wissensstand an) Lernumgebungen eintauchen. Das erhöht das Engagement und die Motivation vieler Schülerinnen und Schüler.
KI unterstützt bei der Fehleranalyse
KI kann dabei helfen, Fehler in Texten, Aufgaben etc. zu finden und sie ist in der Lage, personalisierte Verbesserungsvorschläge zu geben. Das führt zu einem tieferen Verständnis des Lernstoffs. Eine KI-gestützte Fehleranalyse bringt mehr Eigenständigkeit in den Lernprozess von Kindern und Jugendlichen und kann sowohl Eltern als auch Lehrkräfte entlasten.
KI-Einsatz: Risiken und Herausforderungen
Datenschutz und Privatsphäre
Künstliche Intelligenz funktioniert nur, wenn sensible Daten und personenbezogene Informationen zur Verfügung stehen. Es muss also besonders darauf geachtet werden, dass diese Daten hinreichend geschützt sind und nicht missbräuchlich verwendet werden können. Kinder und Jugendliche sollten persönliche Daten wie Name, Alter, Standort oder auch Interessen niemals preisgeben und müssen darauf immer wieder hingewiesen werden, damit sie die Notwendigkeit verinnerlichen.
Diese Kompetenz sollten Eltern mit ihren Kindern unbedingt aufbauen. Kinder müssen das Verständnis erst entwickeln, warum diese Daten sensibel sind und nicht leichtfertig veröffentlicht werden dürfen.
KI generiert Fehlinformationen
Generative KI (Anwendungen erzeugen neue Inhalte in Form von geschriebenem Text, Audio, Bildern oder Videos) kann realistisch wirkende, aber falsche Inhalte erstellen. Die Unterschiede von Realität und Fälschung sind oft kaum noch zu erkennen – nicht nur für Kinder. Das kann zu Desinformation und Verwirrung führen und verstärkt ohnehin bestehende Risiken wie sexualisierte Gewalt, Mobbing und Extremismus. Website-Betreiber tun meist zu wenig, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Selbst dann, wenn ihnen Verstöße gemeldet werden, reagieren sie nur unzureichend. So werden beispielsweise auch die Altersangaben von Nutzenden nur selten überprüft.
Auch im Umgang mit falschen digitalen Inhalten ist eine gute Nutzungskompetenz essenziell. Eltern können mit ihren Kindern eine Nutzungskompetenz aufbauen, indem sie gemeinsam Online-Inhalte sichten, Hintergründe von Quellen überprüfen und kritisch hinterfragen. Es ist wichtig, Medienkompetenz zu fördern, indem man erklärt, wie Fake News entstehen, auf vertrauenswürdige Quellen achtet und Fehler oder Manipulationen in Informationen identifiziert. Regelmäßige Gespräche über sichere Internetnutzung und das Erkennen von Desinformation stärken das Bewusstsein von Kindern.
Abhängigkeit und Verlust kritischen Denkens
Ein übermäßiger Einsatz von KI-Tools könnte dazu führen, dass Jugendliche sich von der KI abhängig machen und dadurch weniger selbstständig denken. Sie „lassen“ Probleme lösen und sind selbst nicht mehr in der Lage, Lösungen zu finden. Das kann die Entwicklung kritischer Denkfähigkeiten beeinträchtigen. Dabei ist es wichtig als Elternteil im Blick zu haben, wie viel und auch wofür das eigene Kind KI im Lernalltag nutzt (und natürlich auch darüber hinaus).
Empfehlungen für den sinnvollen Einsatz von KI beim Lernen
Förderung der Medienkompetenz
Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche lernen, Informationen kritisch zu hinterfragen und die Funktionsweise von Medien und KI zu verstehen. Nur so werden sie befähigt, die Technologien verantwortungsbewusst zu nutzen. Schulen und Bildungseinrichtungen sollten strenge Datenschutzstandards implementieren und sicherstellen, dass die Privatsphäre der Lernenden gewahrt bleibt – wie hier die Standards an der eigenen Schule angesetzt sind, können Eltern aktiv erfragen. Zusätzlich ist Eigeninitiative zu Hause stets gefragt: das Erlernen von Medienkompetenz sollte nicht nur in die Schule ausgelagert werden.
Sie wollen mit Ihrem Kind den Umgang mit Medien besprechen? Mit diesen Heften kann in der Schule, aber auch zu Hause an der eigenen Medienkompetenz gearbeitet werden:
Datenschutzrichtlinien
Schulen und Bildungseinrichtungen sollten strenge Datenschutzstandards implementieren und sicherstellen, dass die Privatsphäre der Lernenden gewahrt bleibt. Zu Hause können Eltern zum Einsatz kommende KI mit ihren Kindern anschauen und überprüfen, welche Daten für eine Nutzung des Angebots eingegeben werden müssen. Gegebenenfalls gibt es Hintergrundinfos über den Aufbau der KI. Damit lässt sich abwägen, ob das Tool genutzt werden kann oder besser gemieden werden sollte.
Ausgewogener Einsatz von KI-Tools
KI wird bestenfalls als ergänzendes Werkzeug eingesetzt, das den Lernprozess unterstützt, jedoch nicht ersetzt. Lehrkräfte und Eltern sollten darauf achten, dass Kinder und Jugendliche weiterhin ihre eigenen Fähigkeiten entwickeln und auch tatsächlich anwenden.
Fazit
Die Integration von KI in den Bildungsbereich bietet erhebliche Potenziale zur Verbesserung des Lernens. Gleichzeitig ist es unerlässlich, die damit verbundenen Risiken zu erkennen und proaktiv anzugehen, um eine sichere und förderliche Lernumgebung für Heranwachsende zu gewährleisten. Zudem wäre es wünschenswert, wenn sich mehr Lehrkräfte und Eltern mit den Chancen und Risiken der KI auseinandersetzten würden, denn nur so können sie Kinder und Jugendliche wirklich auf die private oder schulische Nutzung vorbereiten und auf Gefahren hinweisen.

Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.