Fragen stellen lernen – aber wie?
Fragen stellen lernen – aber wie?
Bei der Erkundung der eigenen Welt sind Fragen nach dem Wie, Weshalb oder Warum von großer Bedeutung. Im Lied der Sesamstraße heißt es dann weiter: „… wer nicht fragt bleibt dumm.“ (1) Doch wie den Sprung vom „Warum- Fragealter“ hin zum gezielten Stellen von Fragen schaffen? Dazu möchte der nachfolgende Beitrag Ihnen einige Anregungen geben.
Wortherkunft
Das Wort Frage geht zum einen auf das: „mittelhochdeutsch vrâge…“ und zum anderen auf das: „… althochdeutsche frāga…“ (2) zurück. Die frühere Bedeutung der Frage war: „…herumwühlen, suchen.“ (3)
Jede Sprache verändert sich im Laufe der Zeit. Somit ändert sich auch die grundsätzlichen Bedeutungen der Frage.
Je nach Fragestellung wird heute:
- eine mehr oder weniger lange Antwort erwartet oder
- ein Anlass für vielfältige und teils intensive Diskussionen angeboten.
Beide Bedeutungen verlangen bestenfalls vom Fragenden und Beantwortenden Kenntnisse und oder bereits erworbene Erfahrungen.
Die Sprachentwicklung Ihres Kindes schließt die zunehmende Beherrschung einer Fragetechnik ein. Bedenken Sie, dass Ihr Kind: „Vielfältige Erfahrungen und Anwendungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Umgebungen und Themen … zwischen 5 und 16 Jahren“ machen „…muss, damit sich die gesprochene Sprache gut entwickeln kann.“ (4)
Erkunden
Fragend erkundet jedes Kind seine Umwelt. Das beginnt zunächst im nonverbalen Bereich. Bestimmt Blicke, die Mimik und Gestik zeigen dies. Jeder kennt sein Kind genau und weiß sofort, was es meint bzw. möchte.
Mit dem zunehmenden Erwerb der Wörter und dem Wortverständnis werden die Fragen verbal formuliert. Manchmal besteht eine Frage nur aus einem Wort, kombiniert mit einer bestimmten Geste oder Gesichtsausdruck.
Bitte beachten Sie, dass jedes Kind sein eigenes Entwicklungstempo hat. Versuchen Sie, Vergleiche zu vermeiden.
Das „Warum- Fragealter“ ist ein wichtiger Abschnitt im Leben Ihres Kindes. Es umfasst durchschnittlich den Zeitraum zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr. Kinder sind grundsätzlich: „…neugierige Forscher und Entdecker.“ (5) Sie wollen wissen, „… was die Welt im Innersten zusammenhält.“ (6)
Tipps zum Fragealter:
- Versuchen Sie, in dieser Zeit, möglichst geduldig zu antworten.
- Sagen Sie frei heraus, wenn Sie etwas nicht wissen.
- Beziehen Sie wenn möglich die Partnerin, den Partner oder weitere Familienmitglieder bei der Beantwortung ein.
- Nutzen Sie das ein oder andere Mal die Kraft der Gegenfrage.
Weitere Informationen und hilfreiche Tipps finden Sie beim Öffnen der ersten beiden Linktipps.
Später verlieren wir teilweise unsere Fähigkeit Fragen zielgerichtet zu stellen. Die Gründe sind vielfältig. Sie reichen von falsch verstandener Scham bis hin zu der Einstellung: „Ich stehe über den Dingen.“ Für eine gelungene Kommunikation haben Fragen eine wichtige Bedeutung.
- Bestärken Sie Ihr Kind, dass es fragen darf, ja soll.
- Haben Sie heute schon gefragt? Überlegen Sie.
Der dritte Link Tipp gibt Ihnen dazu weiterführende Anregungen.
Die Fragetechnik
Sie hilft, um mit einer Partnerin oder einem Partner zielgerichtet zu kommunizieren. Unter Fragetechnik versteht man: „… umgangssprachlich den Einsatz von offenen und geschlossenen Fragen…“ (7)
Offene Fragen können nicht nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Oft ist eine Aussage formuliert oder eine Begründung ist gewünscht. Es gibt kein „Antwortraster“. Oft gibt es verschiedene Möglichkeiten der Antwort.
Beispiele: „Warum ist der Fußball dein Lieblingssport?“ oder „Erkläre, was am Frühling so gefällt?“
Geschlossene Fragen verlangen in kurzer Form nur eine „richtige“ Antwort.
Beispiele: „Steht die Linde links von uns?“ oder „Wie viele Tage haben zwei Wochen?“
Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Möglichkeiten, um Fragen zu klassifizieren, wie zum Beispiel die rhetorischen oder suggestiven Fragen.
Im Unterricht
Fragen durchziehen den Fächerkanon aller Schularten- und formen. Sie erfüllen zahlreiche Funktionen im Unterrichtsprozess. Diese können mündlich und schriftlich gestellt werden. Gleiches gilt für die Lösung.
Neben den „Frage- Antwort- Spielen“ können Fragen u. a. so genutzt werden:
- durch Vortragende an Zuhörende umgekehrt, durch gezielte Verwendung einer oder mehrerer Fragen, um ein Problem zu lösen,
- um eine Exkursion vorzubereiten (zum Inhalt, zu geeigneten Kleidung und den nötigen Materialien …),
- um Fermi- Probleme zu lösen (benannt nach dem italienischen Nobelpreisträger Enrico Fermi) und
- in der Multiple Choise Form (auf eine Frage gibt es mehrere Antwortmöglichkeiten, die Menge der richtigen Antworten variiert).
Fragen können bei großem Interesse zum weiteren Ausprobieren, Forschen aber auch Nachschlagen oder Recherchieren im Internet anregen.
Die „Warum- Fragen“ erlangen mit diesen o. g. Vorschlägen eine höhere Qualität. Es ist das Forschen nach Ursachen von Dingen, Phänomenen und Zusammenhängen.
Mit dieser Art Fragen können Sie zu Hause Ihrem Kind Anregungen geben. Nutzen Sie gemeinsam Spiele. Gleichzeitig wird das soziale Miteinander gestärkt.
Tipps zu Frage Spielen (kleine Auswahl)
- Warum Quiz
- Allgemeinwissen Quiz
- Schlaumeier Quiz
- Echt Junior Brettspiel
- Trivial Pursuit Familien Edition
Literaturtipps zur Frage (kleine Auswahl)
Anna Luft, 201 Fragen an dein Kind: Das wunderbare Mitmachbuch für Kinder bis 8 Jahre
Katharina Fink, Fragen, die verbinden
Linktipps zur Frage
https://www.babyartikel.de/magazin/warum-phase
https://www.baer.bayern.de/fragen-probleme/baby-kleinkindalter/fragealter/
Die Macht der Warum-Fragen im Kommunikationsprozess – Mueller und Partner
Quellen
(1) Songtext Sesamstraße (Der, Die, Das) von Theme, The | LyriX.at
(2) Frage ▶ Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft | Duden
(3) ebd.
(4) Remo H. Largo, Schülerjahre, Piper, Seite 80
(5) https://www.familiii.at/die-warum-phase-anstrengend-aber-wichtig/
(6) Goethe, Faust, Der Tragödie erster Teil, Reclam, Seite 17f
(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Fragetechnik#Fragekategorie
Jörg Sauer ist ausgebildeter Grundschullehrer und unterrichtet seit über 20 Jahren an einer Schule. Neben der Lehrertätigkeit führte er in den vergangenen Jahren zahlreiche Weiterbildungen über die Nutzung von Neuen Medien im Unterricht durch.