Digitalisierung

– lernen Kinder heute anders?

Ein Schüler arbeitet an einem Tablet und eine Lehrerin erklärt ihm etwas.
Wissen und Bildung
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von Christine Kammerer

Die digitale Revolution hat nicht nur zu einem Wandel der Kommunikations- und Arbeitsformen geführt, sie hat auch die Bildungslandschaft grundlegend verändert. Traditionelles Lernen mit Büchern und Kreidetafeln weicht zunehmend einem digitalen Lernumfeld, geprägt von interaktiven Medien und Online-Ressourcen.

 

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Digitalisierung gilt derzeit als Königsweg - für alle Altersstufen und in allen Bildungsfragen. Tatsächlich sind jedoch die Wirkungen und Nebenwirkungen digitaler Medien auf Entwicklungs-, Lern- und Bildungsprozesse wissenschaftlich oft vollkommen ungeklärt. Es gibt sogar immer häufiger Hinweise darauf, dass auch die Nachteile und Schäden für die Entwicklungs- und Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen durch digitale Medien  groß sein können. Häufig werden die traditionellen, nicht-digitalen Lernmethoden vernachlässigt, doch das führt zu einer allzu großen Abhängigkeit von Technologie und beeinträchtigt die Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler, auch außerhalb der digitalen Welt zu lernen und zu kommunizieren.

Die Rolle digitaler Medien im Unterricht

Smartboards und Laptops ersetzen Kreidetafeln und Schulhefte, Tablets dienen als interaktive Lernplattformen. Digitale Technologien bieten eine Fülle von Möglichkeiten für Lehrkräfte, ihren Unterricht zu bereichern und Schülerinnen und Schülern neue Lernwege zu eröffnen. Ein wichtiger Aspekt des digitalen Lernens ist die Individualisierung und Differenzierung. Durch anpassungsfähige Lernsoftware und personalisierte Lernplattformen können Kinder und Jugendliche in ihrem eigenen Tempo lernen und ihre individuellen Stärken besser entwickeln. Dies fördert eine inklusive Lernumgebung, in der jede Schülerin und jeder Schüler die Möglichkeit hat, das volle Potenzial auszuschöpfen.

Beim digitalen Lernen kommen vermehrt interaktive Lernmethoden wie Videos, Animationen, Quizfragen und vieles mehr zum Einsatz. Das macht das Lernen spannender, fördert die Merkfähigkeit und nebenbei werden auch noch Computerkenntnisse erworben und verbessert. Gerade letzteres ist heute eine Kernkompetenz, die für das spätere Leben hohe Bedutung hat. Doch wenn Lerninhalte von Kindern und Jugendlichen flexibel und individuell abgearbeitet werden können, erfordert dies hohe Disziplin und Motivation. Häufig ist die Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler jedoch (noch) nicht so ausgereift und sie können sich dadurch überfordert fühlen. Zudem verfügen immer nicht alle Schülerinnen und Schüler zu Hause über die notwendige technische Ausstattung.

Risiken der Digitalisierung im Bildungsbereich


Trotz aller Vorteile sollten bei der im Bildungsbereich auch die Risiken beleuchtet werden. Datenschutz und Privatsphäre müssen hohe Priorität besitzen, da persönliche Daten von Schülerinnen und Schülern oft in digitalen Lernplattformen gespeichert und verarbeitet werden. Es ist daher unbedingt notwendig, dass Schulen und Bildungsbehörden strenge Datenschutzrichtlinien entwickeln, um die Sicherheit zu gewährleisten. Gleichzeitig zeigt dies auch, wie wichtig grundlegende Kenntnisse über den Datenschutz und digitale Kompetenzen sind, damit Kinder und Jugendliche in die Lage versetzt werden, Informationen aus vertrauensvollen Quellen und mit faktenbasierten Inhalten gezielt auszuwählen.

Viele digitale Aktivitäten finden nicht im Unterricht, sondern in der Vor- und Nachbereitung durch die Schülerinnen und Schüler selbst statt. Für Online-Lerninhalte und Informationen, die sie beim Lernen selbst auswählen gibt es jedoch keine unabhängige und seriöse Bewertung. Jugendliche räumen sogar selbst ein, dass ihnen diese Unterscheidung schwer fällt: Nur ca. ein Drittel findet es gemäß Studien "einfach zu überprüfen, ob Informationen, die ich online finde, wahr sind“ (Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.: Bildung digital? - Wie Jugendliche lernen und Schulen lehren). Sie können nicht eigenständig feststellen, ob das Medium, die Quelle bzw. die Inhalte wirklich faktenbasiert und ausgewogen sind. Leider sind sie das ganz oft nicht, sondern sie beeinflussen die Meinung oder verzerren Tatsachen. Gefälschte Nachrichten (Fake News) können so als faktisch richtige Nachrichten durchgehen. Lernen stützt sich somit auf fehlerhafte Informationen und das führt letztlich nicht zu missglückten Lernprozessen und zu einem verzerrten Weltbild.

Fazit: Digital sticht nicht immer Analog

Traditionelles und digitales Lernen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. Während traditionelle Lehrmethoden oft auf passivem Zuhören und Auswendiglernen basieren, ermöglicht digitales Lernen interaktive Erfahrungen und individualisierte Lernwege. Überraschend ist, dass im Rahmen einer Studie der Deutschen Telekom-Stiftung nur 41 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen selbst angaben, dass sie lieber digital lernen: 30 Prozent bevorzugen Bücher, Papier und Stift und fast ebenso viele wählen keine von beiden Möglichkeiten. Es gab dabei allerdings deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Mädchen tendieren eher zum Analogen (37 %) und Jungen mehr zum Computer (49 %). Mit zunehmendem Alter gewinnt in beiden Gruppen das Digitale an Attraktivität. Hier ist also ein ausgewogener Ansatz, der sowohl digitale als auch nicht-digitale Methoden umfasst, entscheidend, um sicherzustellen, dass Schülerinnen und Schüler ganzheitlich und umfassend ausgebildet werden.

Zudem sollte man immer wieder prüfen, wo der Einsatz digitaler Lernangebote wirklich Sinn macht. Manchmal kann sogar eine Dedigitalisierung hilfreich sein, um ein ausgewogenes Lernumfeld zu schaffen. Durch die Integration von traditionellen Lehrmethoden wie Büchern, handschriftlichen Notizen und mündlichen Diskussionen können Schülerinnen und Schüler mitunter besser wichtige Fähigkeiten wie kritisches Denken, Problemlösung und zwischenmenschliche Kommunikation entwickeln.

Literatur und Quellen

Deutsche Telekom Stiftung: Wie lernen Kinder und Jugendliche heute?

https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/media/publications/Wie-lernen-Kinder-und-Jugendliche-Zusammenfassung.pdf

Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.: Bildung digital? - Wie Jugendliche lernen und Schulen lehren

https://www.iwkoeln.de/studien/barbara-engels-ruth-maria-schueler-wie-jugendliche-lernen-und-schulen-lehren-470699.html

Digitales Lernen: Können Schüler davon profitieren?

https://www.schulhomepage.de/schueler/digitales-lernen

Argumente gegen das Digitale in der Schule

https://mehrals0und1.ch/Argumente

Digitales Lernen: Methoden, Vorteile und Nachteile digitaler Bildung in der Schule

https://www.kita.de/wissen/digitales-lernen/

Wissenschaftler fordern Moratorium der Digitalisierung in KITAs und Schulen

https://die-pädagogische-wende.de/wp-content/uploads/2023/11/moratorium_pub_17nov23.pdf

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Über den Autor/die Autorin
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Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.

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