Montessori-Schule – Pro und Contra
Montessori-Schule – Pro und Contra
„Hilf mir, es selbst zu tun“, lautet ein Grundgedanke der Montessori-Pädagogik. Vom Kindergarten bis zur Mittelschule werden in ganz Deutschland Bildungseinrichtungen betrieben, die nach den Prinzipien der italienischen Ärztin Maria Montessori arbeiten. Sie entwickelte Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Ansatz auf der Grundlage von Beobachtungen geistig behinderter bzw. armer, vernachlässigter Kinder, denen sie in den von ihr gegründeten Kinderhäusern eine Unterkunft und Ausbildung ermöglichte.
Die Montessori-Pädagogik basiert auf der Erkenntnis, dass Kinder lernen wollen – wenn man sie nur lässt. Wesentliche Kennzeichen der Bildungseinrichtungen, die nach dieser Grundidee arbeiten, bilden
- selbstgesteuerte, entdeckende Lernumgebung
- offener Unterricht
- Freiarbeit
- altersgemischte Gruppen
Abgesehen von diesen Prinzipien wechseln die Unterrichtsmodelle von Schule zu Schule. Eltern können sich jedoch darauf verlassen, dass auch an den Montessori-Schulen die Lernziele vermittelt werden, die einen Übertritt in eine Realschule oder ein Gymnasium ermöglichen.
Obwohl Montessori-Schulen weltweit beliebt sind, gibt es auch Kritik an ihrem Ansatz. Im Folgenden lesen Sie die wichtigsten Pro- und Contra-Argumente, die für bzw. gegen dieses Bildungskonzept sprechen.
Pro: Individuelle Förderung
Aus Sicht vieler Eltern dürfte die individuelle Förderung, bei der Kinder ihr eigenes Tempo und ihre eigenen Interessen bestimmen können, einer der wichtigsten Pluspunkte einer Montessori-Schule sein. Kurz gesagt geht es darum, dass jedes Kind in seinem eigenen Tempo lernen und sich individuell weiterentwickeln kann. Montessori-Schulen verzichten auf Frontalunterricht. Stattdessen haben Schülerinnen und Schüler durch das Arbeiten in kleinen Gruppen oder individuell angepassten Lernumgebungen die Möglichkeit, sich auf ihre eigenen Stärken und Interessen zu konzentrieren. Der Lehrplan wird an die Bedürfnisse des Kindes angepasst, und die Lehrerinnen und Lehrer unterstützen die Kinder bei der Umsetzung ihrer Ziele und Wünsche. Dieses individualisierte Lernkonzept kann zu einer höheren Motivation und einem besseren Verständnis bei den Schülerinnen und Schülern führen.
Pro: Fokus auf das praktische Lernen / Lernen mit allen Sinnen
Praktisches Lernen hat in Montessori-Schulen einen hohen Stellenwert. Schülerinnen und Schülern steht hier eine Vielzahl von didaktischen Materialien zur Verfügung, die sie entdecken und beeinflussen (?) können. Durch das eigenständige Arbeiten und das Entdecken von Zusammenhängen lernen Kinder so auf eine natürliche Weise und bauen nach eigenem Interesse neues Wissen auf. Viele Materialien sind so gestaltet, dass sie die Sinne wie Sehen, Fühlen, Hören, Riechen und Schmecken ansprechen und das Erlernte so ganzheitlich erfahren lassen. So wird das Verständnis und die Freude am Lernen erhöht.
Pro: Förderung der Selbstständigkeit
In Montessori-Schulen wird nicht nur Wert auf die akademische Bildung gelegt, sondern auch auf die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler. Schon junge Kinder lernen, Verantwortung für ihr eigenes Lernen und ihre Umgebung zu übernehmen. Das stärkt die Selbstständigkeit und ermöglicht das Erleben von Selbstwirksamkeit. Kinder sollen zu unabhängigen, kreativen und selbstbewussten Menschen heranwachsen, die ihre Interessen und Fähigkeiten zu entwickeln. Lehrerinnen und Lehrer unterstützen sie dabei.
Pro: Entwicklung sozialer Fähigkeiten
Auch auf die soziale Entwicklung - Rücksichtnahme, Fähigkeit zur Konfliktlösung, verantwortungsvoller Umgang miteinander - wird in den Montessori-Schulen großer Wert gelegt. Praktisch geschieht das unter anderem durch die Arbeit in altersgemischten Gruppen. Kinder lernen so in einer Umgebung, in der sie sich gegenseitig unterstützen und miteinander arbeiten, was zu einem stärkeren Gemeinschaftsgefühl beiträgt. Die gemischten Altersgruppen ermöglichen es den Älteren, Führungsqualitäten zu entwickeln, während die Jüngeren von den Älteren lernen können.
Neben den Vorteilen sprechen diese Nachteile gegen den Besuch einer Montessori-Schule:
Contra: Nicht für jedes Kind geeignet
Einige Kinder lernen besser mit fest definierten Aufgaben. Da es an Montessori-Schulen weder Noten noch Hausaufgaben gibt, fehlt einigen Kindern (und Eltern) der Vergleich mit Gleichaltrigen. Statt Noten werden regelmäßig Einschätzungsgespräche mit den Lehrkräften geführt und die Schülerinnen und Schüler erhalten jeweils zum Halbjahr und zum Jahresende einen Leistungsbericht in Schriftform. Einige Eltern sowie Schülerinnen und Schüler bevorzugen jedoch ein klareres Feedback über den Lernfortschritt und eine transparente Bewertung, die sich an gängigen Standards orientiert.
Contra: Schwierigkeiten beim Übergang
Da es in den Montessori-Schulen keine festgelegten Aufgaben gibt, sondern jedes Kind nach eigenen Interessen und im eigenen Tempo lernt, kommt es durchaus vor, dass Kinder in einigen Themengebieten sehr weit sind, in anderen jedoch hinterherhinken. Einige Kritikerinnen und Kritiker argumentieren, dass das Fehlen eines strukturierten Lehrplans dazu führen kann, dass Kinder die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht erwerben, die sie für den Übergang auf eine andere Schule bzw. in höhere Klassenstufen benötigen.
Obwohl Montessori-Schülerinnen und Schüler oft ein hohes akademisches Niveau erreichen, können sie dadurch auch möglicherweise Schwierigkeiten haben, wenn es darum geht, spezifische Fragen in einem standardisierten Test zu beantworten.
Und: Da die Montessori-Methode auf praktisches Lernen und individuelles Arbeiten ausgelegt ist, gibt es möglicherweise weniger Angebote für fortgeschrittene Kurse oder spezielle Interessen. Schülerinnen und Schüler, die sich für bestimmte Themen oder Disziplinen begeistern, können so in regulären Schulen möglicherweise mehr Auswahlmöglichkeiten haben.
Contra: Höhere Kosten
Montessori-Schulen sind Privatschulen, für die Kosten anfallen. Im Gegensatz zu kostenlosen Regelschulen kann dadurch der Zugang für einige Familien begrenzt sein.
Ulrike Lindner hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste, Berlin, studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin, Werbetexterin und Moderatorin.