Mit Teenagern über Sexualität reden
Mit Teenagern über Sexualität reden
„Mama, wie peinlich.“ Natürlich wollen (und sollten) Eltern mit ihren heranwachsenden Kindern offen und ehrlich über Sexualität sprechen. Doch obwohl das Thema allgegenwärtig zu sein scheint, ist die Verunsicherung in den Familien oft groß. Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wie fängt man an? Welches Vokabular benutzen wir?
Gespräche über Sexualität mit Teenagern bedeuten für Eltern zuallererst, sich mit der eigenen Sexualität auseinandersetzen. Und im zweiten Schritt den richtigen Ton im Gespräch mit ihren Kindern zu treffen.
Oft kommt das Thema Sexualität nicht erst in der Pubertät zur Sprache. Expertinnen und Experten empfehlen, schon mit jüngeren Kindern über Sex zu sprechen. Und zwar dann, wenn diese von sich aus neugierig werden und Fragen stellen. Als Faustregel gilt: Wenn ein Kind alt genug ist, eine bestimmte Frage zu stellen, dann ist es in der Regel auch reif genug, eine Antwort darauf zu hören. Von Müttern und Vätern dürfen Mädchen und Jungen dann die Bereitschaft erwarten, auf ihre Fragen einzugehen und sie altersgerecht zu beantworten.
Während es Eltern bei jüngeren Kindern recht gut gelingt, Fragen zur Sexualität zu beantworten, fühlen sich viele unsicher, wenn ihnen ein Teenager gegenübersitzt. Das liegt auch daran, dass viele Kinder und Jugendliche ihr Wissen (oder Nicht-Wissen) eher aus den Medien oder von Gleichaltrigen, als den eigenen Eltern beziehen. Eine vertane Chance, sagen Psychologen. Denn im Gespräch können Eltern ihre eigenen Vorstellungen von Liebe, Sexualität und Partnerschaft vermitteln und ihre Werte weitergeben. Wer das nicht tut, nimmt in Kauf, dass andere Gesprächspartnerinnen und -partner das tun.
Gespräche über Sexualität führen
Die wichtigste Voraussetzung für ein gelingendes Gespräch über Sexualität ist eine vertrauensvolle Atmosphäre. Zeigen Sie Ihrem Teenager, dass Sie Zeit und Interesse haben, wenn sie oder er das Gespräch sucht. Manchmal reichen dafür einfache Signale: Einander ansehen, sich gemeinsam hinsetzen, dem anderen seine ganze Aufmerksamkeit schenken, ohne nebenbei anderes zu tun, und Zuhören durch Nicken und Nachfragen signalisieren.
Möchten Sie selbst ein Gespräch initiieren, so eignet eine offene Frage wie „Möchtest du über ... sprechen?“. Während der Pubertät können Körperveränderungen, romantische Beziehungen, Fragestellungen rund um Sexualität und Identität, Verantwortung oder auch die Vermeidung von sexuell übertragbaren Infektionen und ungewollter Schwangerschaft Anlässe für ein offenes Gespräch über Sexualität sein.
Gut zuhören
Im Gespräch sollten Sie darauf achten, gut zuzuhören. Lassen Sie Ihrem Teenager den Raum, Fragen und Bedenken zu äußern und zeigen Sie Interesse an seinen Gedanken und Gefühlen. Ein Gespräch sollte ein Austausch sein, kein Vortrag oder Verhör. Vermeiden Sie deshalb so gut wie möglich, bereits vorgefertigte Antworten parat zu haben, sondern hören Sie zu. Akzeptieren Sie aber auch, wenn Ihr Kind Ihnen Grenzen aufzeigt und bohren nicht weiter nach, wenn Ihr Teenager sich zu einem Thema nicht weiter äußern will.
In Ihren eigenen Äußerungen sollten Sie eine klare und ehrliche Sprache verwenden. Sprechen Sie über Ihre eigenen Gefühle und Ängste und thematisieren offen, wenn Sie sich Sorgen machen, unsicher oder unwohl fühlen. Teenager profitieren davon, wenn ihr Gegenüber einen klaren Standpunkt vertritt. Wenn Sie mit etwas nicht einverstanden sind, sollten Sie das offen sagen. Jugendliche können aushalten, wenn ihre Bezugspersonen anderer Meinung sind als sie selbst. Machen Sie trotzdem klar, dass Sie für Ihr Kind da sind, wenn es Fragen hat oder jemanden zum Reden braucht.
Fazit
Für Teenager ist es nicht nur wichtig, mit Erwachsenen über Sexualität zu sprechen, um Informationen zu sammeln, eigenen Werte zu überdenken und diese mit den Botschaften aus den Medien und Gleichaltrigen abzugleichen. Gleichzeitig erhalten sie durch diese Gespräche auch Vorbilder, um ihre eigenen Fähigkeiten zur sexuellen Sprache zu entwickeln.
Um für Teenager ein effektiver Gesprächspartner bzw. eine effektive Gesprächspartnerin zum Thema Sexualität zu sein und ihre Bedürfnisse zu verstehen, müssen Erwachsene ihre eigenen Kenntnisse aktualisieren, ihre eigene Einstellung zum Thema klären und reflektiert üben, wie sie über Sexualität sprechen und kommunizieren können.
Ulrike Lindner hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste, Berlin, studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin, Werbetexterin und Moderatorin.