Fluchtursachen und Fluchterfahrungen
Fluchtursachen und Fluchterfahrungen
Zu allen Zeiten flüchteten Menschen aus ihrer Heimat – vor Kriegen und Gewalt, vor Hunger oder Naturkatastrophen. Auch heute noch gehört Flucht leider für viele Menschen zum Alltag.
Zu allen Zeiten flüchteten Menschen aus ihrer Heimat – vor Kriegen und Gewalt, vor Hunger oder Naturkatastrophen. Im 4. Jh. begann mit der so genannten Völkerwanderung eine der größten Flucht- und Wanderungsbewegungen der Geschichte. Sie wurde durch Germanische Stämme ausgelöst, die ins Imperium Romanum einfielen, dauerte rund zwei Jahrhunderte an und führte zu einer vollständigen Neuordnung des damaligen Europas. Auch der 30-Jährige Krieg und die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert lösten eine Welle der Vertreibung und der massenhaften Fluchtbewegungen aus. So flohen beispielsweise gegen Ende des 2. Weltkriegs allein 14 Millionen Menschen aus den ehemals deutschen Ostgebieten nach Deutschland. Aus diesem Grund wurde 1949 auch das Recht auf Asyl im neu geschaffenen Grundgesetz als Grundrecht aufgenommen.
Migration und Flucht – eine Begriffsklärung
Was ist Migration?
Migration bezeichnet eine Wanderungsbewegung, bei der eine Person ihren Wohnort verlässt. Sie zieht an einen anderen Ort, der im Inland oder Ausland liegen kann. Migration hat ganz unterschiedliche Beweggründe, die jeweils mit einem spezifischen Rechtsstatus einhergehen:
- Flüchtlinge/Geflüchtete,
- Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter,
- Einwanderinnen und Einwanderer,
- Asylsuchende oder
- Expats (Expatriaten von lat. ex = „aus, heraus“ und patria = „Vaterland“), also Personen, die beispielsweise als Arbeitskräfte ohne Einbürgerung in einem fremden Land oder einer fremden Kultur leben.
Das sind die Hauptgründe für Migration:
- Suche nach Arbeit bzw. einer Verdienstmöglichkeit,
- Flucht vor Gefahren (Krieg, Seuchen, Hungersnot, Gewalt, Unterdrückung, etc.).
Was ist Flucht?
Flucht ist erzwungene Migration und wird definiert als Reaktion auf eine lebensbedrohende Zwangslage aufgrund von Gewalt. Flüchtende bewegen sich in aller Regel nicht zielgerichtet von A nach B, sondern weichen häufig zunächst überstürzt in die nächstgelegene Stadt aus oder an einen anderen Zufluchtsort in der Nähe, der ihnen sicher erscheint. Sie wandern dann oft weiter, zum Beispiel zu Verwandten oder Bekannten in einer nahegelegenen Region oder sie suchen ein Flüchtlingslager auf.
Nach der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 haben Menschen, die fliehen, Anspruch auf Schutz, wenn sie verfolgt werden wegen ihrer Religion, Ethnie, politischen Überzeugung oder weil sie zu einer bestimmten sozialen Gruppe gehören.
Fluchtorte
Mehr als die Hälfte aller Flüchtenden fliehen innerhalb des eigenen Landes. Sie zählen damit zur Gruppe der Binnenvertriebenen. Über 70 Prozent der Flüchtenden bleiben in den Nachbarländern. Das bedeutet, dass die meisten (über 80 Prozent) von Entwicklungsländern aufgenommen werden.
Ende 2021 waren laut UNHCR weltweit 89,3 Millionen Menschen auf der Flucht und somit 10 Millionen mehr als 2019 (79,5 Millionen). Diese Zahl ist weiter angestiegen auf mehr als 100 Millionen Menschen durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Zum Stichtag 30. Juni 2022 lebten in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt 3,3 Millionen Geflüchtete und Vertriebene in Deutschland, also nur knapp über drei Prozent aller Geflüchteten weltweit. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben rund 1,5 Millionen von ihnen Schutz bei uns bekommen.
Fluchtursachen
Generell sind die häufigsten Fluchtursachen:
- Krieg und Gewalt
- Menschenrechtsverletzungen
- Hunger, Umweltkatastrophen und Klimawandel
Die Fluchtgründe unterscheiden sich jedoch stark voneinander, je nachdem aus welcher Region die Menschen zu uns kommen. Die häufigsten Fluchtmotive von Menschen, die beispielsweise aus Syrien, Irak, Afghanistan und Pakistan zu uns kommen sind Lebensgefahr und Perspektivlosigkeit durch Krieg und Terror sowie politische, religiöse oder ethnische Verfolgung. Flüchtlinge aus dem Iran gehörten vielfach zu religiösen Minderheiten (Christen, Bahá’í, etc.) und wurden als solche verfolgt. In Eritrea werden oft das diktatorische Regime und der unbefristete Militärdienst als Fluchtgründe genannt. Geflüchtete aus den Balkan-Ländern geben als Ursache die wirtschaftliche Perspektivlosigkeit und Diskriminierung an.
Fluchterfahrungen
Geflüchtete wurden in ihrer ursprünglichen Heimat von Gewalt oder anderen Gefahrenlagen bedroht und mussten oft auch auf der Flucht traumatische Erlebnisse verkraften. Eine Flucht kann wenige Tage, aber auch mehrere Monate oder sogar Jahre dauern. Sie ist vor allem von Verlust geprägt, denn die Menschen können neben Kleidung und Papieren meist nur wenige Erinnerungsstücke mitnehmen. Nicht selten müssen Flüchtende sogar die ganze Familie zurücklassen, weil die finanziellen Mittel nur für eine Person reichen. Fast immer gelangt dieses Geld in die Hände von Schleusern, ohne deren Hilfe eine Flucht erst gar nicht möglich wäre. Die Reiserouten gehen in der Regel über Landwege. Die Flüchtenden legen dabei gewaltige Strecken zurück. Ihre Unterkünfte sind karg, sie nächtigen meist im Freien. Menschen die über den Seeweg zu uns gelangen, sind regelmäßig den Gefahren des Ertrinkens ausgesetzt.
Fazit: Flucht als letzter Ausweg
Egal auf welchen Wegen Geflüchtete zu uns gelangen – die psychischen und physischen Belastungen sind enorm. Diese Menschen riskieren Leib und Leben und sie tun es, obwohl die meisten von ihnen die Gefahren der Flucht kennen. Sie werden nicht nur mit Kälte, Hitze, Hunger und Durst konfrontiert, sondern mit der schieren Angst um das eigene Leben oder um das nahestehender Menschen. Nicht selten ist auch Gewalt im Spiel und besonders Frauen werden immer wieder Opfer sexueller Übergriffe. Deswegen sollten wir nicht klischeehaft über ganze Gruppen von Menschen und ihre Motive urteilen, sondern uns mit jedem einzelnen Schicksal respektvoll beschäftigen.
Links
Trauriger Rekord: mehr Menschen auf der Flucht als jemals zuvor
https://www.bmz.de/de/aktuelles/aktuelle-meldungen/mehr-menschen-auf-der-flucht-als-jemals-zuvor-114318
Migration und Integration
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/_inhalt.html
Was ist Migration, Zuwanderung, Flucht?
https://www.br.de/extra/respekt/migration-zuwanderung-flucht-102.html
Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.