Aktiv gegen den Bewegungsmangel - mehr Bewegung im Alltag!

Kindergruppe beim Mountainbiken in den Bergen
Entwicklung und Erziehung
© stock.adobe.com/Chabraszewski, Jacek
von Christine Kammerer

Bewegungsmangel ist heute auch bei Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Das zeigt eine aktuelle WHO-Studie mehr als drastisch. Bewegungsmangel trägt zur Entstehung von Adipositas, Diabetes und vielen anderen Krankheiten bei. Deswegen sind wir als Gesellschaft heute zunehmend gefordert: Wir müssen dem Bewegungsmangel in den entscheidenden Phasen der Entwicklung deutlich mehr entgegen steuern.

Lesedauer:
3 min

Oft helfen schon ein paar kleine Veränderungen der Alltagsroutine bei der Ernährung, der Bewegung und beim Medienkonsum. Dabei sind vor allem die Eltern Vorbilder und Motivatoren. Wenn sie Bewegungsmuffel sind, überträgt sich das auf die Kinder. Sie sollten also mit gutem Beispiel vorangehen. Studien belegen: Wenn Eltern sich gern bewegen, ihre Freizeit aktiv gestalten und mit ihren Kindern viel unternehmen, wirkt sich das positiv auf die Entwicklung und die Gesundheit ihrer Kinder aus und führt nur selten zu Bewegungsmangel.

Bewegungsmangel - ein globales Problem

Die Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) hat ihre aktuelle Studie zum Thema Bewegungsmangel bei Jugendlichen im November 2019 vorgelegt. Sie bestätigt im Grunde nur das, was bereits allgemein bekannt war: 81 Prozent von ihnen erreicht den von der WHO empfohlenen Standard für Bewegung, also mindestens eine Stunde pro Tag, nicht. In Deutschland fallen sogar 84 Prozent durchs Netz. Mädchen sind dabei noch inaktiver als Jungen. Kinderärztin Kerstin Holze, Vorsitzende der Deutschen Kinderturnstiftung, bestätigt, dass es sich bei jüngeren Kindern ganz ähnlich verhält. Schon Kleinstkinder haben einen deutlichen Bewegungsmangel. Das ist besonders bedenklich, weil der Grundstein für ein bewegtes Leben im ganz frühen Kindesalter gelegt wird. Fehlen hier die Grundlagen, zieht sich der Mangel an Bewegung auch in späteren Jahren wie ein roter Faden immer weiter durch das Leben. Bewegungsmangel ist nicht nur in Deutschland ein Phänomen, sondern weltweit. Ursachen sehen die Wissenschaftler nicht nur in der zunehmenden Mediennutzung. Auch bewegungsfeindliche Lebensformen, zum Beispiel durch zunehmende Urbanisierung bei gleichzeitigem Wegfall von Bewegungsmöglichkeiten, sind mit dafür verantwortlich.

Bewegung macht gesund und glücklich

Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung kosten die Krankenkassen Milliarden. Dennoch erziehen viele Eltern ihren Nachwuchs regelrecht zu Bewegungsmuffeln: Kinder werden fast ausschließlich mit dem Auto bewegt, was maßgeblich zum Bewegungsmangel beiträgt. Sie werden in ihrem natürlichen Bewegungsdrang eingeschränkt und mit Medien ruhig gestellt. Dabei ist Bewegung das wirksamste Mittel zur Gesundheitsförderung überhaupt. Krabbeln und klettern, hüpfen und herumtoben, rennen und radeln – das alles machen Kinder von Natur aus gerne. Wenn sie die Möglichkeit dazu haben und früh genug herangeführt werden. Bewegung macht Spaß, hält fit und hilft, Krankheiten wie Adipositas oder Diabetes vorzubeugen. Körperliche Fitness fördert das Wachstum und den Knochenaufbau und verbessert Wahrnehmung und Konzentration. Deshalb sollte Bewegungsmangel nicht unterschätzt werden. Untersuchungen belegen: Wird die körperliche Aktivität gesteigert, verbessern sich auch die Schulnoten. Aktive Kinder ohne Bewegungsmangel sind außerdem seelisch gesünder, fröhlicher und ausgeglichener. Bewegung hilft, Stress, Ängste und Aggressionen abzubauen. Kinder erwerben spielerisch soziale Kompetenzen bei den gemeinsamen Aktivitäten. Wenn man ihnen etwas zutraut, zum Beispiel indem sie den Schulweg alleine mit dem Fahrrad bewältigen, stärkt dies ihr Selbstbewusstsein und ihr Selbstvertrauen und wirkt gleichzeitig dem Bewegungsmangel entgegen.

Bewegungsmangel im Alltag aktiv begegnen

Kinder sollten nach wissenschaftlichen Erkenntnissen täglich mindestens zwei Stunden körperlich aktiv sein, um keinem Bewegungsmangel zu unterliegen. Das kann beispielsweise so aussehen: Täglich 1 Stunde Bewegung im Alltag plus 1 Stunde freies Spielen sowie wöchentlich 3 Stunden Schulsport und 1,5 Stunden Sporttraining.
Zudem müssen auch jene Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche heute sehr viel Zeit verbringen wie Kitas und Schulen mehr Bewegungsangebote machen, um den Bewegungsmangel entgegenzuwirken. Dabei geht es gar nicht so sehr um Sport, sondern schlicht um Bewegung im Alltag. Aber auch die Angebote der Sportzentren sollten neu überdacht werden. Es macht keinen Sinn, dezentral und fernab der Lebensräume von Kindern und Jugendlichen tolle Sportstätten zu errichten. Die Angebote müssen gut erreichbar sein. So, dass Kinder selbst dorthin gehen können. Politik und Gesellschaft sind hier gefordert, Sport und Bewegung in jeder Hinsicht zu unterstützen. Das kann beispielsweise durch die Förderung von kleinen Sportvereinen vor Ort geschehen.

Tipps um den Bewegungsmangel im Alltag auszugleichen

  • Originelle Aktivitäten wie Geocaching sind eine gute Möglichkeit, Kinder bei ihrer Neugier zu packen und spielerisch zu bewegen.
  • Kinder und Jugendliche verbringen gerne Zeit mit Freunden. Man kann beides miteinander verbinden: Spazieren gehen, zuhause trainieren, einen Sportverein aufsuchen. Gemeinsam macht Bewegung Spaß und der Bewegungsmangel hat keine Chance.
  • Aktive Pausen gegen den Bewegungsmangel in der Schule: Studien haben gezeigt, dass Kinder sich nach kurzen Bewegungspausen während der Unterrichtsstunden besser auf den Stoff konzentrieren können. Beispiel: Den Unterricht nach 20 Minuten 5 Minuten lang für ein Bewegungsspiel unterbrechen.
  • An der Schule sollte es vor allem darum gehen, Kindern Freude an verschiedenen Bewegungsformen und körperlichen Aktivitäten zu vermitteln. Wer im Schulsport schlechte Erfahrungen macht, verliert mitunter ein Leben lang die Lust an Bewegung und wird unter Bewegungsmangel leiden. Es ist daher wirkungsvoller, den individuellen Lernerfolg zu belohnen und Fortschritte positiv zu bewerten.

Links

WHO-Studie zu Bewegungsmangel
Der DKV-Report 2018: Wie gesund lebt Deutschland?
 

Beitrag teilen:
Themen:
Bewegung
Bewegungsmangel
Familie
Alltag
Sport
gesund
Gesundheit
Übergewicht
Schule
Freizeit
Über den Autor/die Autorin
Foto Christine Kammerer

Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.

Weitere Beiträge lesen