Depressionen in der Schule – Ein Tabu?
Depressionen in der Schule – Ein Tabu?
Die Zahl herausfordernder Schülerinnen und Schüler steigt. Manche sind aggressiv. Einige Kinder und Jugendliche stören den Unterricht nicht, sondern haben „nur“ eine hohe Zahl an Fehlstunden, wirken niedergeschlagen, sind still und zurückgezogen. Vielleicht leiden sie an einer depressiven Verstimmung oder einer Depression durch die Schule. Im Schullalltag werden ihre Probleme leicht übersehen, ignoriert oder gar tabuisiert. Die Anzahl depressiver Schülerinnen und Schüler steigt. Sie brauchen Hilfe und Aufmerksamkeit.
Die Zahl herausfordernder Schülerinnen und Schüler steigt. Manche sind aggressiv. Einige Kinder und Jugendliche stören den Unterricht nicht, sondern haben „nur“ eine hohe Zahl an Fehlstunden, wirken niedergeschlagen, sind still und zurückgezogen. Vielleicht leiden sie an einer depressiven Verstimmung oder einer Depression durch die Schule. Im Schullalltag werden ihre Probleme leicht übersehen, ignoriert oder gar tabuisiert. Die Anzahl depressiver Schülerinnen und Schüler steigt. Sie brauchen Hilfe und Aufmerksamkeit.
Depressionen in der Schule – Ein Film rüttelt auf
Der Film „Grau ist keine Farbe“ vermittelt einen Eindruck wie Schülerinnen und Schüler sich mit Depressionen in der Schule fühlen. Ein Filmteam aus Münchener Schülern macht mit diesem Film eindrücklich auf das Thema Depressionen in der Schule aufmerksam. In dem Film wird verdeutlicht, dass das Thema in Schulen nicht gesehen und/oder mit einem Tabu belegt wird.
Was ist besonders an dem Film über Depressionen in der Schule?
1. Der Film wurde von Schülerinnen und Schülern gemacht.
2. Im Film kommen Schülerinnen und Schüler selbst zu Wort.
Sie sprechen über
- unendliche Einsamkeit,
- über Überforderung in der Schule,
- über ihre Unfähigkeit Probleme anzugehen
- fehlende Hilfe durch Lehrer und die Abwesenheit der Eltern.
Schülerinnen und Schüler mit Depressionen durch die Schule verstehen sich selber nicht, haben sie doch keine körperlichen Symptome.
Die bayerischen Filmemacher starteten im Zusammenhang mit der Filmproduktion eine Petition. In der Petition fordert der Schüler und Filmemacher Alexander Spöri mit seinem Filmteam und den Unterzeichnern/-innen eine stärkere Berücksichtigung psychischer Erkrankungen, insbesondere Depressionen in der Schule, im Lehrplan von Schulen. Gefordert wird auch mehr Unterstützung für psychisch kranke, depressive Schülerinnen und Schüler. Über 40.000 Unterzeichner/-innen verzeichnete die Petition, die der zuständige Kultusminister in Bayern erhielt.
Wie viele Schülerinnen und Schüler sind von Depressionen in der Schule betroffen?
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat 1003 Eltern von 6-18-Jährigen im Jahr 2018 im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse befragt.
Demnach sind rund 26.500 der sechs- bis achtzehnjährigen KKH-Versicherten bundesweit von Depressionen in der Schule betroffen. Hochgerechnet wären es bundesweit circa 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche. Im Vergleich zu einer Umfrage im Jahr 2007 sei bei den 13-bis18-Jährigen ein Anstieg um 90% an sog. Anpassungsstörungen, einer Vorstufe zu Depression, zu verzeichnen. Die Zahl der diagnostizierten Depressionen in der Schule sei bei dieser Altersgruppe um 120% gestiegen.
Bei 6-12-Jährigen überwögen nach dieser Umfrage bei sich anbahnenden Depressionen körperliche Symptome wie Kopfschmerzen und Bauchschmerzen ohne körperlichen Befund.
Auf Befragung gaben Eltern hohen Leistungsdruck in der Schule, Mobbing sowie Druck durch Idole oder Influencer als Gründe für die psychischen Probleme ihrer Kinder an. Jüngere Kinder litten unter Streit mit Freunden sowie Mobbing durch Mitschüler/-innen.
Mit zunehmendem Alter der Kinder nähme die Problematik von Depressionen in der Schule zu, da der Konkurrenz- und Leistungsdruck stärker werde.
Suizid gilt als zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen.
Was kann gegen Depressionen in der Schule getan werden?
Psychotherapeutische Verfahren können bei Depressionen in der Schule helfen. In der Psychotherapie können die vielfältigen Ursachen klar werden, Heilung von einer Depression vorangebracht werden. In dringenden, schweren Fällen werden Kinder und Jugendliche in Tageskliniken oder spezialisierte psychiatrische Einrichtungen eingewiesen. Im Einzelfall kommen Medikamente zum Einsatz, die ebenfalls ein Facharzt verschreiben muss, um die Depressionen in der Schule zu behandeln.
In der Petition, die im Zusammenhang mit dem Film „Grau ist keine Farbe“ beim Bayerischen Kultusminister zum Thema „Depressionen in der Schule“ eingereicht wurde, werden Forderungen formuliert, die ebenfalls helfen könnten, das Problem besser anzugehen. Die Maßnahmen sind von Schülerinnen und Schülern selbst formuliert. Das ist ein Vorteil. Sie kennen von Depressionen betroffene Schülerinnen und Schüler. Sie sind selbst nah an der Lebenswelt Schule. Deshalb haben ihre Forderungen eine besondere Bedeutung.
Sie fordern
- Die Themen Depressionen in der Schule, Suizid und psychische Krankheiten in die Weiterbildung und Ausbildung von Lehrkräften aufnehmen.
- Verpflichtende Einbindung dieser Themen in den Fachunterricht, z.B. in Biologie, Religion oder Deutsch.
- Verpflichtende Informationsveranstaltungen über schulbezogene psychische Erkrankungen bei Schülerinnen und Schülern ab der 9. Klasse, die vor allem im Zusammenhang mit Abschlussprüfungen stehen.
- Schaffung von Hilfsangeboten, die in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich überprüft sind.
Was kann noch gegen Depressionen in der Schule getan werden? Jugendliche helfen Jugendlichen und kommunizieren mit ihnen meistens online. Deshalb kann ein zusätzliches Beratungsangebot auch online erfolgen. Ein Beispiel für eine erste Hilfe von Jugendlichen für Jugendliche ist ein Angebot der Caritas für selbstmordgefährdete Jugendliche auf https://www.u25-deutschland.de
Unsere Gesellschaft „altert“ aber mit zunehmendem Alter kommt Lebenserfahrung, wächst die Erfahrung wie man mit (schulbezogenen) Enttäuschungen und Krisen umgehen kann. In der Schule sind Lesepaten aktiv. Warum nicht auch Paten, die sich um mehr seelische Gesundheit bei Schulproblemen, besonders bei Depressionen in der Schule, von Schülerinnen und Schüler bemühen? Paten oder Coaches, die Zeit mitbringen für Kinder und Jugendliche, um mit ihnen über ihr (schulisches) Leben zu sprechen. So ein Paten-Netzwerk oder Coach-Netzwerk müsste aufgebaut werden.
Menschen, die einen Jugendlichen gut kennen, können in einer (schulischen) Krise und bei Depressionen in der Schule neben professionellem Personal unterstützen, da sie die Stärken eines Kindes bereits kennen. Auch Eltern brauchen manchmal Verstärkung.
Schüler und Schülerinnen mit einer ausgeprägten Schul-Depression müssen unverzüglich, professionelle Hilfe bekommen können. Oft ist eine ambulante Versorgung theoretisch möglich. Sie scheitert aber manchmal an den Realitäten vor Ort, weil PsychotherapeutInnen und Psychotherapeuten mit dem Schwerpunkt Schule in ausreichender Zahl einfach fehlen.
Kommentar: Was nährt die Seele von Kindern bei Depressionen in der Schule?
Psychisch kranke Kinder und Jugendliche sind oft Symptomträger/-innen für Probleme in Schule, Elternhaus und Gesellschaft.
Statistische Ergebnisse, die uns vorliegen, müssten m.E. im Einzelnen allerdings kritisch bewertet werden. Was genau gilt als Depression in der Schule oder Anpassungsstörung? Die Seelen der Kinder und Jugendlichen entwickeln sich noch. Ist es eine Depression oder ist es nur der erste Liebeskummer in der Pubertät, der sich stark und lang auswirkt?
Über weitere Fragen sollte ebenfalls nachdenken: Wo kommen Schülerinnen und Schüler zur Ruhe bei den vielen Möglichkeiten, die sie haben? Wo ist Platz für (schulische) Misserfolge eines Kindes, für das Unperfekte, für keine Lust auf Selbstoptimierung sondern gerademal Mittelmaß? Wo lernen Kinder mit unvermeidlichen (schulischen) Misserfolgen und Zurückweisungen umzugehen? Wissen wir, wie sich die intensive Nutzung Sozialer Medien auf die psychische Gesundheit, auf ihre Schülerrolle auswirkt? Wer achtet und reagiert auf die Kinder und Jugendlichen, die im Abseits stehen ohne Freunde? Wo entwickeln Kinder und Jugendliche falschen Ehrgeiz, der ihnen ihre Energie und Konzentration nimmt.
Wie kann man Depressionen in der Schule entgegenwirken?
Es gibt m.E. viel Sprachlosigkeit, wenn es um unsere Seelen geht. Diese gilt es zu überwinden. Es hilft, wenn Kinder und Jugendliche ihre positiven und negativen Gefühle differenziert wahrnehmen können und sie verbal oder friedlich non-verbal ausdrücken können. Es werden Smilies gepostet, aber was für ein Problem steht z.B. hinter einem traurigen Smiley? Schule wird vermutlich stärker als in der Vergangenheit ein Ort werden müssen, wo man lernt über eigene Gefühle und seelische Befindlichkeiten regelmäßig in respektvoller Sprache zu kommunizieren, um Depressionen in der Schule frühzeitig zu erkennen.
Wir brauchen ein schulisches Lebens- und Lernklima, das die Seelen der Kinder und Jugendlichen „nährt“ und stärkt. Die Antwort auf Traurigkeit und Verzweiflung bei schulbezogenen Problemen lautet immer auch die kontinuierliche Förderung von Gemeinschaftssinn in Kursen und Klassen sowie Schulfreundschaften. Erforderlich ist mehr Zeit für ein offenes Wort und das Einüben respektvoller Sprache sowohl in der Schule als auch im Elternhaus. Die wenigen professionellen Fachkräfte können und wollen das nicht allein leisten. Sie haben immer einen professionellen, zeitlich sehr begrenzten Bezug zum Schüler/der Schülerin in ihren Sprechstunden. Das ersetzt Mitmenschlichkeit nicht und Depressionen in der Schule können nicht immer erkannt werden.
Beziehungspflege aller Beteiligten ist jedoch positiv für die psychische Gesundheit. Stimmen die Beziehungen, wird Unterrichten und Lernen leichter und erfolgreicher und Depressionen in der Schule reduziert. Vermutlich würde es auch die oft malträtierte Lehrergesundheit günstig beeinflussen, gilt doch die Burn-Out-Quote bei Lehrer/-innen als besonders hoch. Schülerinnen und Schüler reagieren auch auf angestrengte Lehrerinnen und Lehrer.
An manchen Schulen begrüßt die Rektorin oder Lehrerin Schülerinnen und Schüler morgens persönlich mit einem Handschlag, mit Namen und einem Blick ins Gesicht. So ein kleines Ritual kann in der Wirkung mehr als nur das Lernen einer Benimmregel sein - sondern auch maßgeblich zur Reduktion von Depressionen in der Schule beitragen.
„Die Hälfte unserer Schülerinnen und Schüler nehmen Antidepressiva vor Prüfungen.“! So eine Statistik möchte niemand von uns eines Tages lesen.
Buchtipps:
Groen, G., Ihle W., Ahle M. E & Petermann F. (2012): Ratgeber Traurigkeit, Rückzug, Depression: Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher. Göttingen: Hogrefe-Verlag.
Groen, G. & Petermann F. (2011): Wie wird mein Kind wieder glücklich?: Praktische Hilfe gegen Depressionen. Bern: Huber-Verlag.
Linktipps:
Speziell geschulte Jugendliche unterstützen selbstmordgefährdete Jugendliche online.
https://www.u25-deutschland.de
Produktionsfirma des Schüler-Filmemacherteams „Grau ist keine Farbe“
http://www.moviejam.de/grau-ist-keine-farbe/
Informationsportal zum Thema „Depression“
https://www.deutsche-depressionshilfe.de/
Pressemeldung der KKH Endstation Depression: Wenn Schülern alles zu viel wird. 24.10.2018
https://bildungsklick.de/schule/detail/endstation-depression-wenn-schuelern-alles-zu-viel-wird
Hildegard Dierks arbeitet seit vielen Jahren als Online-Autorin und Online-Redakteurin für verschiedene Zielgruppen, z.B. Eltern. Zu ihren Themenschwerpunkten zählen alle Themen rund um Grundschule, Fremdsprachenlernen, Musikerziehung, computergestütztes Lernen aber auch schulpolitische Themen.