Rituale machen stark - zuhause und in der Schule

Entwicklung und Erziehung
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von Ulrike Lindner
„Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb“ erklingt es beim gemeinsamen Essen, bevor alle Familienmitglieder beginnen. Ein Mini-Ritual und doch ein wunderbares Beispiel für den Sinn und den Nutzen fester, geteilter Gewohnheiten.
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„Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb“ erklingt es beim gemeinsamen Essen, bevor alle Familienmitglieder beginnen. Ein Mini-Ritual und doch ein wunderbares Beispiel für den Sinn und den Nutzen fester, geteilter Gewohnheiten.

Rituale begleiten das Leben, erleichtern den Alltag und geben im besten Fall Halt und Sicherheit. Sie begeben uns in vielfältiger Form, angefangen von großen bedeutsamen Ritualen wie Taufe, Verlobung, Hochzeit oder Beerdigung bis hin zu alltäglichen Bräuchen wie Richtfest, Einschulung und Junggesellenabschied und kleinen Gewohnheiten wie dem Tischspruch oder dem Gute-Nacht-Kuss.

Neben den Ritualen, die jeder kennt und die – auch wenn nicht jeder sie praktiziert - doch zum Kitt gehören, der eine Gesellschaft zusammenhält, gibt es in jeder Familie eigene, private Rituale, die nur hier praktiziert sind und die zeigen: Hier gehörst du hin. Die vorgelesen Schlafgeschichte, zu der sich Mama oder Papa mit ins Kinderbett kuschelt, der „Heile, heile, Segen“-Kuss, der ein aufgeschlagenes Knie im Nu besser macht oder der ganz besondere Geburtstagskuchen, der jedes Jahr gebacken wird, gehören dazu. Wie im Großen vermitteln auch die kleinen Rituale Sicherheit und das Gefühl von Zugehörigkeit.

Rituale schaffen

Gerade für Kinder ist das ungeheuer wichtig – sie lieben und brauchen feste Abläufe, Kontinuität und kleine Rituale. Oft ergeben sich diese Bräuche von selbst, werden etwa von Mutter oder Vater aus der eigenen Familie mitgebracht. Andere, die ganz eigenen Familien-Rituale, die nur in dieser einen Familie genau so praktiziert werden, wachsen im Lauf der Zeit. Doch auch wenn viele Rituale fast wie von selbst entstehen, lohnt es sich, eigene Rituale zu entdecken und bewusst zu pflegen, damit sie sich fest in den Familienalltag einfügen. Denn Rituale:
  • vermitteln Sicherheit und Orientierung
  • sorgen für Zugehörigkeit
  • Unterstützen die psychische Robustheit, die Kindern hilft, mit Belastungen und Rückschlägen klarzukommen
  • vermeiden viele lästige Diskussionen
  • setzen Zeit frei für andere, schönere gemeinsame Aktivitäten.

Anlässe für Rituale zuhause

Familienrituale können zum Beispiel zum um das Aufstehen und Zubettgehen praktiziert werden. Vielleicht beginnt dann jeder Tag damit, dass Mama im Kinderzimmer die Vorhänge aufzieht und das Licht ins Zimmer lässt. Oder mit dem gemeinsamen Hören der Morgen-Comedy im Radio während des Frühstücks am Küchentisch.

Für jüngere Kinder bieten sich Rituale rund um die Körperpflege an. Der Handsalat beim Händewaschen, bei dem Elternteil und Kind sich gegenseitig die Hände einseifen, oder das gemeinsame Zähneputzen vor der Gute-Nacht-Geschichte helfen dabei, solche Abläufe in den Alltag zu verankern, sodass Regelmäßigkeit entsteht und das Durchführen gar nicht erst in Frage gestellt werden.

Auch die gemeinsamen Mahlzeiten sind ideal für Rituale. Es hat sich längst herumgesprochen, dass gemeinsam eingenommene Mahlzeiten für die körperliche und seelische Gesundheit heilsam sind. Im Familien- der Freundeskreis essen wir langsamer und bewusster, tauschen uns aus und erleben Gemeinschaft. Mit kleinen Ritualen wie dem „Piep, piep, piep“-Gruß, einem freundlichen „Guten Appetit“ oder der Regel, dass Tablet und Smartphone außen vor bleiben, wird signalisiert, dass die Essenszeit der Familie gehört.

Für Kinder sind Abschieds- und Begrüßungsrituale ebenfalls wichtig. Das immer gleiche liebevolle Verabschieden an der Kindergartentür oder bevor es zum Schulbus geht, machen klar: Mama oder Papa kommen wieder bzw. ist da, wenn ich heimkomme. Dasselbe gilt für die Begrüßung - ein Ritual wie eine Begrüßung, ein „Hallo, ich bin zurück“, ein Pfiff oder Winken sind Zeichen für Kontinuität und Verlässlichkeit und signalisieren: zu dieser Gruppe gehöre ich und ich bin wichtig.

Rituale in der Schule

Nicht nur zuhause, auch in der Schule strukturieren Rituale den Alltag, sorgen für Orientierung und Verbindlichkeit. Davon profitieren Grundschulkinder besonders stark, doch auch Oberstufenschülerinnen und -schüler wissen Rituale im Schulalltag zu schätzen.

Beim Lernen helfen Rituale, klare Zeitpläne und wiederkehrende Strukturen und Abläufe den Kindern, sich zu konzentrieren und im Alltag zurechtzufinden. Mögliche Elemente sind - ähnlich wie im Kindergarten - feste Morgen- oder Abschlusskreise, bei denen die Kinder an einem Ort zusammenkommen und in geregelter, immer ähnlicher Form über Erlebtes, Pläne, Aufgaben und anstehende Ereignisse sprechen.

Weitere sinnvolle Möglichkeiten, Rituale in den Schulalltag zu integrieren sind:
  • Die regelmäßigen, gleichbleibenden Begrüßungen und Verabschiedung – ein persönliches „Guten Morgen“ für jedes Kind, das in den Klassenraum kommt (im Fremdsprachenunterricht in der Landessprache), ein Lächeln oder ein gemeinsam gesungenes Lied zum Start
  • Tägliche Hausaufgabenkontrolle
  • Signale wie der „Schweigefuchs“, die allen Klassenkindern bekannt sind und eingesetzt werden, um bestimmte Sachverhalte wie zu große Lautstärke, noch fünf Minuten bis zum Ende der Arbeitsphase o.ä. zu signalisieren.
  • Tagesplaner mit farbigen Bildern, die im Klassenraum aufgehängt werden und auch jungen Grundschülern zeigen, an welcher Stelle des Schultages sie sich gerade befinden.
  • das täglich gut sichtbar notierte Datum und der Wochentag sind wiederkehrende, verlässliche Elemente, die zudem die Gesetzmäßigkeiten des Kalenders auf spielerische Art nahebringen
  • Belohnungssysteme wie Stempel oder andere Elemente, mit denen erfolgreich durchgeführte Aufgaben belohnt werden
  • Einteilung von Klassendiensten und Kümmerern, die für bestimmte Aufgaben zuständig sind
  • Geburtstagsrituale wie ein mitgebrachter Kuchen, ein Lied oder Geburtstagspost von den Mitschülerinnen und -schülern
  • Klassenfeste und andere Feiern
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Über den Autor/die Autorin

Ulrike Lindner hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste, Berlin, studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin, Werbetexterin und Moderatorin.

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