Wenn Mama und Papa streiten
Entwicklung und Erziehung
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Wenn Mama und Papa streiten
von Bettina Levecke
In jeder Familie gibt es dann und wann Konflikte und Probleme. Und auch Mama und Papa bekommen sich mal in die Wolle und es wird laut. Doch welche Form des Streitens ist erlaubt, wenn Kinder anwesend sind?
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Streit gehört dazu. In jeder Familie gibt es dann und wann Konflikte und Probleme. Und auch Mama und Papa bekommen sich mal in die Wolle. Ob einfach schlechte Laune oder wichtige Fragen um Finanzen, Zukunft oder Arbeitsteilung – manche Dinge zerren an den Nerven. Und es wird laut. Doch welche Form des Streitens ist erlaubt, wenn Kinder anwesend sind?
Die Basis für eine gute Streitkultur lernen Kinder von ihren Eltern. Sie sind Vorbild und Orientierung: Wie lösen Mama und Papa Probleme? Wie gehen sie miteinander um? Ist es okay, sich wieder zu vertragen? Und vor allem: Muss Streit bedeuten, dass man sich weniger lieb hat?
Gehen Sie deshalb möglichst offen mit Konflikten um, auch wenn Ihr Kind gerade dabei ist (z.B. im Auto oder am Mittagstisch). Aber Vorsicht: Hier gilt es natürlich, bestimmte Regeln zu beachten!
Warum Streiten wichtig ist
Ob im Kindergarten oder in der Schule: Kinder müssen sich täglich mit Gleichaltrigen auseinandersetzen, Lösungen für Konflikte finden und lernen, ihren Standpunkt zu vertreten. Streit – so anstrengend er auch ist – gehört zum menschlichen Miteinander. In der Diskussionen und Kontroverse mit anderen loten wir neue Möglichkeiten aus, finden Kompromisse und erleben auch die Chance, andere Sichtweisen annehmen zu dürfen.Die Basis für eine gute Streitkultur lernen Kinder von ihren Eltern. Sie sind Vorbild und Orientierung: Wie lösen Mama und Papa Probleme? Wie gehen sie miteinander um? Ist es okay, sich wieder zu vertragen? Und vor allem: Muss Streit bedeuten, dass man sich weniger lieb hat?
Eltern sind auch nur Menschen
Manchmal hängt der Haussegen einfach schief. Streit und Stress gibt es in jeder Familie und es wäre seltsam, wenn es anders ist. Doch manche Eltern versuchen unter allen Umständen, Streit vor den Kindern zu verbergen. Das ist verständlich, aber nur schwer umzusetzen. Denn Kinder haben feine Antennen und bekommen sofort mit, wenn Mama beleidigt schweigt oder Papa grummelnd auf dem Sofa sitzt. Und natürlich wundern sie sich, warum die Eltern nicht miteinander reden, obwohl ganz offensichtlich etwas nicht stimmt.Gehen Sie deshalb möglichst offen mit Konflikten um, auch wenn Ihr Kind gerade dabei ist (z.B. im Auto oder am Mittagstisch). Aber Vorsicht: Hier gilt es natürlich, bestimmte Regeln zu beachten!
- Der Ton macht die Musik Greifen Sie Ihren Partner nicht unter der Gürtellinie an. Beleidigungen, Vorwürfe oder Unterstellungen sind im Streitfall zwar schnell parat, haben vor Kinderohren aber nichts verloren. Kinder bekommen Angst, wenn die Eltern aus Wut gemein zueinander werden.
- Ruhig bleiben Auch wenn in Ihnen ein Vulkan brodelt, versuchen Sie ruhig zu bleiben. Geschirr werfen, gegen Wände boxen oder Türen knallen, mag zwar ein geeignetes Ventil sein, um die Wut darzustellen, wirkt aber extrem bedrohlich auf Ihr Kind. Bedenken Sie auch Ihre Vorbildfunktion: Wer in Krisensituationen selbst zur Aggression neigt, wird diese großen Gesten auch bei seinem Kind wiederfinden.
Sagen Sie lieber ehrlich "Ich bin stinkewütend und brauche mal eben ein paar Minuten für mich". Eine kleine Auszeit hilft, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Kehren Sie danach "beruhigt" in die Situation zurück. So lernt Ihr Kind: Selbst die größte Wut ist kein Grund, dem Streit aus dem Weg zu gehen. - Argumentieren Anstatt einfach Befindlichkeiten zu äußern ("Ich finde das total doof"), erklären Sie genau, was Sie stört. Kinder lernen an Ihrem Vorbild, dass Argumente wichtig sind, um Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken.
- Zuhören Lassen Sie Ihren Partner ausreden und fallen Sie ihm nicht ins Wort. Kinder haben sonst schnell das Gefühl, den "schwächeren" Elternteil unterstützen zu müssen.
- Auf Elternebene bleiben Beziehen Sie niemals Ihr Kind in den Streit, wenn Ihnen die Argumente ausgehen. "Du findest doch auch, dass Papa nie Zeit hat?" - Solche Fragen bringen Kinder in arge Bedrängnis, müssen Sie doch Position beziehen. Kinder sind keine Zeugen, Vermittler oder Rechtsanwälte für streitende Eltern!
- Beim Thema bleiben Eigentlich ging es um die Wochenendplanung und plötzlich ist der Streit ein einziges Minenfeld? Bleiben Sie beim Thema, wenn Ihr Kind anwesend ist. Es ist wichtig, dass Ihr Kind erlebt, wie der Streit ein klares Ende und eine gute Lösung findet. Wenn Eltern bei der Sache bleiben, miteinander konstruktiv sprechen und sich im Abschluss versöhnen, ist der Streit überhaupt kein Problem für den zuhörenden Nachwuchs, sondern eine gute Lernerfahrung: Mama und Papa sind zwar nicht immer einer Meinung, aber sie haben sich trotzdem lieb!
- Tabu-Themen Manche Themen sind nichts für Kinderohren. Ob finanzielle Probleme, Misstrauen, Eifersucht oder Liebesfragen - bringen Sie Ihr Kind nicht in die Bedrängnis Dinge zu hören, die der Eltern-Kind-Beziehung schaden.
Konflikte erkennen und reduzieren
In (fast) jeder Partnerschaft gibt es Reibungspunkte. Wichtig, diese frühzeitig wahrzunehmen und gemeinsam daran zu arbeiten. Leider ist es im Alltag nur oft genug der Fall, dass Konflikte unter den Teppich gekehrt werden. Solange, bis wieder ein Partner über den Haufen stolpert. Versuchen Sie deshalb, regelmäßig Zeit für Gespräche zu finden. Kommunizieren Sie so früh wie möglich, was Sie stört. Und das am besten abends, wenn Ihr Kind schläft. Diese Tipps helfen:- Vereinbaren Sie mindestens einmal pro Woche einen Zeitpunkt, an dem Sie über die vergangenen Tage sprechen. Was war gut? Was sollte anders laufen?
- Statt "Du machst immer"- Vorwürfen lieber in der Ich-Perspektive sprechen: "Ich wünsche mir...". So fühlt sich Ihr Partner nicht angegriffen und kann besser reagieren.
- Überlegen Sie auch, was Sie selbst dazu beitragen können, damit sich Probleme verbessern. Fragen Sie sich gegenseitig, wie Sie sich unterstützen können.
Und wenn es dauernd kracht?
Eltern, die sich ständig streiten, sind eine extreme Belastung für Kinder. Schlafstörungen, Schul- oder psychische Probleme können die Folge sein. Wenn Sie feststellen, dass Sie mit Ihrem Partner keinen Konsens mehr finden, weil die Streitfronten bereits so verhärtet sind, scheuen Sie nicht Hilfe zu suchen. Erziehungs- und Familienberatungsstellen bieten kostenlose Beratung an, haben aber häufig längere Wartezeiten. Alternativ helfen Paartherapeuten oder Mediatoren (z.B. unter www.psychoscout.de oder www.psychotherapiesuche.de).
Über den Autor/die Autorin
Bettina Levecke ist freie Journalistin aus der Nähe von Bremen. Ihre Themenschwerpunkte sind Gesundheit, Familie und Nachhaltigkeit.