Ernährung, Finanzen, Altersvorsorge - mehr Alltagswissen an der Schule?
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Ernährung, Finanzen, Altersvorsorge - mehr Alltagswissen an der Schule?
von Christine Kammerer
Eine Kölner Schülerin sorgte dafür, dass die Diskussion um mehr Alltagswissen an der Schule im Jahr 2015 wieder einmal hochkochte. Sie schrieb in einem Twitter-Beitrag: „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann eine Gedichtanalyse schreiben. In 4 Sprachen.“ Kurz darauf forderten mehrere Politiker wie Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) die Einführung eines Unterrichtsfachs „Alltagswissen“.
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Eine Kölner Schülerin sorgte dafür, dass die Diskussion um mehr Alltagswissen an der Schule im Jahr 2015 wieder einmal hochkochte. Sie schrieb in einem Twitter-Beitrag: „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann eine Gedichtanalyse schreiben. In 4 Sprachen.“ Kurz darauf forderten mehrere Politiker wie Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) die Einführung eines Unterrichtsfachs „Alltagswissen“. Es solle den Schülern sehr konkrete Kompetenzen für das Leben vermitteln, beispielsweise einschlägiges Wissen über die Ernährung, Grundkenntnisse des Kochens, handwerkliche Fähigkeiten und grundlegende Wirtschaftsthemen. Andere wiederum wie Udo Beckmann vom Bildungsverband VBE und KMK-Präsidentin Brunhild Kurth (CDU) halten das für vollkommen überflüssig. Die Schulen seien mit immer neuen Lerninhalten überfordert.
In einigen Ländern gibt es bereits Fächer, die Alltagswissen vermitteln, in praktisch allen anderen werden solche Themen in anderen Fächern aufgearbeitet. In Schleswig-Holstein zum Beispiel werden im Fach „Verbraucherbildung“ die Themen Ernährung, Jugend- und Verbraucherschutz etc. abgehandelt. Auch die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) lauten schon seit geraumer Zeit dahingehend, dass „fächerübergreifende Inhalte“ für den Unterricht aufbereitet werden sollen, „vor allem Fragen der politischen und wirtschaftlichen Bildung im weitesten Sinne“. Damit ist vor allem der Themenkomplex der „Verbraucherbildung“ gemeint.
Es ist sicher ein sehr löblicher und unterstützenswerter Ansatz, den Schülern schon von klein auf möglichst viel nützliches Alltagswissen in der Schule zu vermitteln, doch dazu bedarf es nicht immer gleich einer Bildungsreform oder der Einführung eines neuen Unterrichtsfachs. Das Projekt „Ernährungsführerschein“ ist dafür ein sehr gutes Beispiel: Es umfasst etwa sechs Doppelstunden, kann also wunderbar im Rahmen bereits bestehender Unterrichtsfächer abgehandelt werden. Das gilt in gleicher Weise für viele andere praktische und nützliche Lebenskompetenzen.
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Schulfach "Alltagswissen" - Politik will Schüler lebensfit machen
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Pro...
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner gehört zu den Befürwortern: „Unser Leben ist heute so komplex, dass es einer Reihe von Alltagskompetenzen bedarf, um sich gerade auch als Heranwachsender zurechtzufinden“ Bundesbildungsministerin Wanka argumentiert: Im Fach Alltagswissen „könnten die Schüler Dinge lernen, die für ihr praktisches Leben wichtig sind.“ Sie denke „an die Fallen in Handyverträgen, handwerkliche Fähigkeiten, aber auch an Grundkenntnisse in richtiger Ernährung und Kochen. Viele Jugendliche schauen mit Begeisterung Kochsendungen, können aber ohne Mikrowelle keine Lebensmittel mehr zubereiten.“ Das Fach Alltagswissen solle dann beispielsweise Themen abhandeln wie: Warum ist Tiefkühl-Pizza gesundheitsschädlich? Wie lese ich einen Kontoauszug? Was poste ich besser nicht auf Facebook?… und Contra
KMK-Präsidentin Brunhild Kurth (CDU) sieht kaum noch Spielraum bei der Zahl der Unterrichtsstunden für neue Fächer: „Wenn wir allen Wünschen nach zusätzlichen Unterrichtsfächern nachkämen, wären wir schnell bei einer 80-Stunden-Woche für Schüler.“ Sie warnt vor zu hohen Erwartungen. Die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung zeige Tendenzen, die Schule zu überfordern. Sachsens Bildungsministerin Kurth sieht vor allem auch die Eltern in der Verantwortung. Schule sei „nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft“ und Lehrer seien „nicht für die Rundumerziehung des Kindes verantwortlich“.Der Hintergrund
Im Mai 2015 veröffentlichte das Institut YouGov eine Umfrage, die unter 1330 Bürgern durchgeführt wurde: 68 Prozent von ihnen vertraten die Ansicht, dass Kinder in der Schule „zu viel unnützes Zeug“ lernen. Sie können sich durchaus neue Pflichtfächer vorstellen, darunter vor allem „Benehmen“ (51 Prozent), „Wirtschaft“ (48 Prozent), „Gesundheitskunde“ (42), „Suchtprävention“ (39) oder „Computerprogrammierung“ (35). Neben Manche der Inhalte könnten auch in einem Fach „Alltagswissen“ enthalten sein.In einigen Ländern gibt es bereits Fächer, die Alltagswissen vermitteln, in praktisch allen anderen werden solche Themen in anderen Fächern aufgearbeitet. In Schleswig-Holstein zum Beispiel werden im Fach „Verbraucherbildung“ die Themen Ernährung, Jugend- und Verbraucherschutz etc. abgehandelt. Auch die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) lauten schon seit geraumer Zeit dahingehend, dass „fächerübergreifende Inhalte“ für den Unterricht aufbereitet werden sollen, „vor allem Fragen der politischen und wirtschaftlichen Bildung im weitesten Sinne“. Damit ist vor allem der Themenkomplex der „Verbraucherbildung“ gemeint.
Fazit: Schule nicht überfrachten!
Auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt gehört zu den Politikern, die sich mehr lebenstaugliches Wissen an der Schule wünschen. Ein neues Unterrichtsfach „Ernährung“, so Schmidt, solle jedem Kind ermöglichen, die Grundlagen einer gesunden Ernährung kennenzulernen und eine Art „Ernährungsführerschein“ zu erwerben. Hierzu gibt es bereits ein großangelegtes Unterrichtsprojekt, das Grundschülern beispielsweise den praktischen Umgang mit Lebensmitteln und Küchengeräten vermittelt.Es ist sicher ein sehr löblicher und unterstützenswerter Ansatz, den Schülern schon von klein auf möglichst viel nützliches Alltagswissen in der Schule zu vermitteln, doch dazu bedarf es nicht immer gleich einer Bildungsreform oder der Einführung eines neuen Unterrichtsfachs. Das Projekt „Ernährungsführerschein“ ist dafür ein sehr gutes Beispiel: Es umfasst etwa sechs Doppelstunden, kann also wunderbar im Rahmen bereits bestehender Unterrichtsfächer abgehandelt werden. Das gilt in gleicher Weise für viele andere praktische und nützliche Lebenskompetenzen.
Links
Praktisches Wissen - Überfrachtet die Schule nicht!www.faz.net
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Über den Autor/die Autorin
Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.