Wie sinnvoll ist bilingualer Unterricht?

Entwicklung und Erziehung
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von Ulrike Lindner
Englische Abzählreime im Kindergarten, ein spanisches Au-Pair und internationale Sprachcamps für die Sommerferien – Mehrsprachigkeit steht bei vielen Eltern hoch im Kurs.
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Englische Abzählreime im Kindergarten, ein spanisches Au-Pair und internationale Sprachcamps für die Sommerferien – Mehrsprachigkeit steht bei vielen Eltern hoch im Kurs. Kein Wunder, dass Schulen mit bilingualem Unterricht sich ebenfalls großer Beliebtheit erfreuen. Mit ausgelöst wurde der Trend zur Zwei- oder Mehrsprachigkeit von Berichten über die Zeitfenster, während derer Kinder besonders empfänglich für bestimmte Lerninhalte sein sollen. Hinzu kommt die Überzeugung vieler Eltern, dass eine mehrsprachige Erziehung Kindern einen schulischen und beruflichen Startvorteil in unserer zunehmend globalisierten Welt verschaffen könne.

Bilingualer Unterricht in der Schule: Immersion und Profilklassen

Immer mehr Schulen bieten deshalb bilingualen Unterricht als Alternative oder Ergänzung zum gewohnten Fremdsprachenunterricht an. In Grundschulen setzt sich in diesem Zusammenhang die so genannte „Immersion“ durch. Übersetzt heißt das „Eintauchen“, dabei werden die Kinder schon ab der 1. Klasse ohne große Vorbereitung in einer Fremdsprache (meist Englisch, jedoch auch in Spanisch, Russisch und Italienisch) unterrichtet. Selbst zweisprachiger Unterricht in Nieder- und Obersorbisch wird in einigen Grundschulen in Sachsen und Brandenburg durchgeführt. Bekannt ist dieses Verfahren aus Ländern, in denen Amts- und gesprochene Sprache voneinander abweichen. Der Vorteil besteht darin, dass Kinder die fremde Sprache quasi „nebenbei“ erlernen und sich durch Wiederholen und konkrete Anwendung die Begriffe aneignen.

Was die Kleinen noch ganz einfach lernen, bedarf an Gymnasien, Oberschulen und Gesamtschulen oft einer behutsameren Einführung, wobei sich Zeitpunkt und Intensität des zweisprachigen Unterrichts von Bundesland zu Bundesland und von Schule zu Schule unterscheiden. Weit verbreitet ist das Konzept, nach dem in Profilklassen ab der 5. oder 7. Jahrgangsstufe ein oder mehrere Gesellschaftsfächer wie Geschichte oder Erdkunde in einer Fremdsprache unterrichtet werden. Als gut für den Einstieg geeignet gilt der der Sportunterricht eignet sich als „Einstieg“ in die Zweisprachigkeit, weil der Lehrer hier besonders viel vormacht und Worte durch Handlungen verdeutlicht. Gut zu wissen: Der bilinguale Unterricht findet in den Profilklassen als Ergänzung zum regulären Fremdsprachenunterricht statt, nicht als Ersatz. Seltener sind Konzepte, in denen eine Klasse komplett in der Fremdsprache unterrichtet wird.

Keine Wunderwaffe, aber hilfreich

Überwiegend wird der Bili-Unterricht als Erfolgsmodell eingeschätzt, vor allem, wenn nur einzelne Module (Fächer oder Projekte) in der Fremdsprache unterrichtet werden. Meist handelt es sich übrigens um Englisch, seltener um Französisch, Italienisch oder Spanisch. Vor allem in Sachen Hörverständnis sind Bili-Klassen ihren Mitschülern deutlich voraus, etwa zwei Jahre macht der Lernvorsprung hier aus.

Neben einem besseren Verständnis der Fremdsprache soll der Unterricht in einer Fremdsprache noch weitere Vorteile bringen: So werde die Aufgeschlossenheit für andere Kulturen gefördert, die Konzentrationsfähigkeit erhöht und natürlich für bessere Startchancen im Berufsleben gesorgt. Auch die Sorge vieler Eltern, das Fachwissen könnte zu kurz kommen, wenn etwa Geschichte auf Englisch unterrichtet wird, sei weitgehend unbegründet, sagen Bildungsexperten. Im Bili-Unterricht geht nämlich Inhalt grundsätzlich vor Grammatik.

Experten warnen aber auch vor zu hohen Erwartungen – während bilingualer Unterricht nachweislich die Fremdsprachenkompetenz erhöht, sind etwa die Gründe für diesen Effekt noch nicht ausreichend untersucht. So kommen Kinder in den sogenannten „Bili-Klassen“ in der Regel aus eher privilegierten, bildungsnahen Elternhäusern. Oft sind sie von Anfang an kommunikativer, redefreudiger und leistungsstärker, als ihre Altersgenossen. Ihre Vorteile beim Spracherwerb könnten also auch gut eine Folge ihres familiären Hintergrunds sein und nicht ursächlich auf den Mehrsprach-Unterricht zurückgehen.

Fazit:

Bilingualer Unterricht bewirkt keine Wunder, ist aber, solange Schülerinnen und Schüler sich aus eigenem Antrieb dafür entscheiden, empfehlenswert.
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Über den Autor/die Autorin

Ulrike Lindner hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste, Berlin, studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin, Werbetexterin und Moderatorin.

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