Faulsein in der Schule
Entwicklung und Erziehung
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Faulsein in der Schule
von Hildegard Dierks
Faulsein hat keinen guten Ruf in der Schule. Ein fauler Schüler erledigt die Hausaufgaben nicht zuverlässig, arbeitet
im Unterricht zu selten mit und trägt meistens auch insgesamt wenig zu einem Gelingen des Unterrichts bei, denn guter
Unterricht lebt nicht zuletzt von Kommunikation und gezeigter Leistungsbereitschaft.
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Faulsein hat keinen guten Ruf in der Schule. Ein fauler Schüler erledigt die Hausaufgaben nicht zuverlässig, arbeitet
im Unterricht zu selten mit und trägt meistens auch insgesamt wenig zu einem Gelingen des Unterrichts bei, denn guter
Unterricht lebt nicht zuletzt von Kommunikation und gezeigter Leistungsbereitschaft. Faulsein und Schule stehen in
einem schwierigen Spannungsverhältnis.
Faulheit ist ein eher alltagssprachlicher, etwas altmodischer Begriff. In der Schulpädagogik und Schulpsychologie spricht man weniger von Faulheit sondern von mangelnder Motivation.
Die Beteilung am Unterricht fauler Schüler ist sehr reduziert oder schwankend. Manche Schüler sind nur körperlich anwesend. Werden sie angesprochen, stellt man fest, dass sie geistig vollkommen abwesend sind. Sie reagieren nicht oder einsilbig. Die Kombination der Schülereigenschaften "faul" und "frech" ist besonders negativ für die Schulkarriere.
Schwänzen kann als eine extreme Form der Faulheit in der Schule gesehen werden, denn beim Schwänzen wird die Leistung vollständig verweigert.
Je schlechter die Leistungsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse ist, um so schwieriger ist es für Lehrerinnen und Lehrer zu unterrichten. Unterricht für Schülerinnen und Schüler, die "keinen Bock" haben zu lernen, ist faktisch nicht möglich, denn wer nicht lernen will, wird auch nicht lernen.
Solche Situationen treten zum Glück nur selten auf. Es gibt sie aber in unterschiedlichen Ausprägungen. Sie machen Lehrerinnen und Lehrern das Leben schwer, befördern einen hohen Krankenstand und Frühpensionierungen.
Faulheit oder Fleiß eines Schülers/ einer Schülerin drücken sich in expliziter Form in Kopfnoten und/oder Anmerkungen zum Arbeits- und Sozialverhalten sowie der Anzahl unentschuldigter Fehltage auf dem Zeugnis aus. Je nach Schulrecht und Bundesland ist es geregelt, ob und welche Angaben in welchem Jahrgang und in welcher Schulform auf dem Zeugnis erscheinen. Das Thema ist umstritten und ein parteipolitisches Politikum. In Folge stehen Angaben zum Arbeitsverhalten - je nach politischer Beschlusslage und Konferenzbeschluss - manchmal explizit auf dem Zeugnis und manchmal nicht.
Das Arbeitsverhalten eines Schülers gilt als wichtiger Teil der Bildung und Erziehung neben fachbezogenen Fähigkeiten. Gegner expliziter Angaben zum Arbeitsverhalten eines Schülers lehnen das Verteilen von "Fleißkärtchen" eher ab, weil es oberflächlich angepasstes, unkritisches Verhalten begünstige. Außerdem fließe das Arbeitsverhalten ohnehin in die Fachnote mit ein und müsse nicht gesondert aufgeführt werden.
Die Sichtweisen auf die Beurteilung des Arbeitsverhaltens von Schülern und Schülerinnen sind zum Teil so kompliziert und unterschiedlich geregelt, unterliegen häufig einer Änderung, dass für Lehrerinnen und Lehrer oft unklar ist, in welcher Form die Beurteilung des Arbeitsverhaltens auf dem aktuell zu erstellenden Zeugnis erscheinen soll. Im Zweifelsfall kann die geltende Regelung beim Schulamt nachgefragt werden. Welche Formulierungen zu verwenden sind, unterliegt zum Teil aktuellen Konferenzbeschlüssen. Insbesondere für junge Lehrerinnen und Lehrer ist es eine Herausforderung das Arbeitsverhalten mit in die Notenfindung angemessen einzubeziehen wegen der komplizierten Beschlusslagen.
Grassiert im Unterricht die Faulheit, kann überlegt werden, in welcher Form durch Beschlüsse der Fachkonferenzen das Arbeitsverhalten von Schülern im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten stärker bei der Beurteilung der Leistung berücksichtigt werden kann, um zumindest für einige Schülerinnen und Schüler Anreize zu schaffen, sich fleißiger am Unterricht zu beteiligen. Da Leistungsverweigerung oder teilweise Leistungsverweigerung seitens der Schüler Unterricht geradezu unmöglich machen kann, sind Änderungen die die Beurteilung des Arbeitsverhaltens betreffen, manchmal sinnvoll.
Rückmeldungen zum Arbeitsverhalten von Schülerinnen und Schülern müssen nicht zwangsläufig auf dem Zeugnis selbst stehen. Es besteht beispielweise die Möglichkeit dem Zeugnis einen Elternbrief beizulegen, in dem ein problematisches oder besonders gutes Arbeitsverhalten thematisiert wird. Eine weitere Alternative auf ein schlechtes Arbeitsverhalten zu reagieren, könnte ein gemeinsames Gespräch mit Eltern und Schüler sein.
Wir möchten gern zwischendurch faul sein und intuitiv suchen wir immer wieder bewusst oder unbewusst nach Formen des Rückzugs oder des Abschaltens. In einem Umfeld, in dem Faulsein verpönt ist, bekommt jede Form des Daseins das Etikett "Arbeit". So sprechen Erwachsene von Traumarbeit oder Beziehungsarbeit. Soweit gehen Schüler in der Regel nicht.
Jeder kann nachvollziehen, dass Rückzugsphasen und Lernpausen wichtig sind, um neue Konzentration und Motivation fürs Lernen und Verstehen aufbauen zu können. In diesen Auszeiten können wir innere Distanz bekommen zu Routinen, die nicht mehr angemessen sind.
In diesen Rückzugsphasen können Schülerinnen und Schüler entsprechend nachdenken, ob ihre Lernstrategien fürs Vokabellernen noch passen oder ob sie etwas ändern müssen. Gerade in den Auszeiten kommt oft die zündende Idee für den gelungenen Essay. Vom Schlaf wissen wir, wie wichtig er ist, um Gelerntes besser zu behalten. Nachweislich ist ein kurzer Mittagsschlaf erfrischend und anschließend ist die Leistungsfähigkeit besser. Schülerinnen und Schüler, die aussehen, als wären sie faul, sind möglicherweise nur damit beschäftigt, etwas geistig und seelisch zu verarbeiten und neue Energie zu tanken. Anders formuliert, Faulsein in der Schule kann unter Umständen eine Auszeit sein, die ein Schüler sich nimmt zu einer Zeit, in der offiziell keine Pause ist.
In der Pubertät der Schülerinnen und Schüler ist Faulsein ein verbreitetes Symptom. Der fleißige Streber ist unbeliebt und wirkt sehr uncool, denn der Streber versucht in einem Übermaß den Anforderungen der Eltern und Lehrer zu entsprechen. Aber gerade von Eltern und Lehrern müssen sich Schülerinnen und Schüler während der Pubertät vorübergehend abnabeln, um ihr eigene Identität und eigene Ziele zu finden. Bei dieser Abnabelung kommt es oft zu unangemessenen Übertreibungen, beispielweise in Form diverser Formen subtiler und offener Formen der Leistungsverweigerung. Faulsein kann entsprechend während der Pubertät ein entwicklungsbedingtes Phänomen sein, das seinen Sinn hat.
Lehrer und Lehrerinnen sollten sich von "faulen" Schülern nicht all zu leicht provozieren lassen oder dieses Verhalten gar persönlich nehmen. Manche Menschen sind zudem von Natur aus eher phlegmatisch, spüren insbesondere in der "künstlichen" Welt Schule wenig Lust sich anzustrengen. Einige können außerhalb von Schule und Unterrichtssituationen, also unter realen Bedingungen, mehr Fleiß an den Tag legen.
Gelegentliches Faulsein ist ehrlicherweise eine sehr menschliche, gar notwendige Eigenschaft und so manch einer fühlt sich von einer ständigen "Wichtigtuerei" in seiner Umgebung gestört.
Abwechslungsreiche Aufgabenbearbeitung, die das Gehirn der Schüler auf unterschiedliche Weise beansprucht, lassen Schülerinnen und Schüler wacher und motivierter sein. Lehrer wissen das schon lange.
Unsere modernen Formen des Unterrichts sollen möglichst wenig lehrerzentriert sein. Darüber hinaus sollen Schülerinnen und Schüler mit sehr unterschiedlicher Leistungsbereitschaft in neuen Schulformen zunehmend gemeinsam lernen. Schülerinnen und Schüler sind dadurch stark herausgefordert, ihr eigenes Lernen zu organisieren. Sie sollen selbst ihre Lernziele bestimmen, die Art des Lernens und das Lerntempo. Nicht jeder Schüler schafft es jedoch intuitiv, mit kreativem Geschick sich sein Lernen optimal zu organisieren. Viele lassen vorzeitig vom formulierten Lernziel ab. Es entsteht leicht der Eindruck eines Null-Bock-Schülers, eines faulen Schülers.
Der Blick der Schüler für die unterschiedlichen Möglichkeiten, sich einen Stoff abwechslungsreich selbstständig zu erarbeiten, aufnahmebereit und lernfähig zu bleiben, wird zukünftig stärker als früher in den Mittelpunkt von Unterricht rücken müssen. Ohne die Hilfe ihrer Lehrer werden die meisten Schüler diese Kompetenz nur unzureichend erwerben können.
Will man einen faulen Schüler motivieren, ist es erforderlich ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihm aufzubauen. Nur so kann man herausfinden, was diesem Schüler/dieser Schülerin wichtig ist, wofür er oder sie bereit ist, sich anzustrengen. Eltern sind hier ebenfalls gefragt, denn sie - so sollte es zumindest sein - können Hinweise zu den Wünschen, Träumen und Fähigkeiten ihrer Kinder geben.
Manche Schülerinnen und Schüler haben es nicht gelernt sich anzustrengen. Ihnen ist möglicherweise Vieles "zugeflogen" oder sie kommen aus einem Elternhaus, in dem eine gute Schulbildung einen geringen Wert hat. Ihre Eltern und älteren Geschwister waren in der Schule ebenfalls wenig motiviert. An ihnen können sie sich kein Vorbild nehmen, sie müssen für sich andere Vorbilder finden.
Hat man ein vertrauensvolles Verhältnis zu einem demotivierten Schüler, bekommt man eine Ahnung davon, warum dieser Schüler so ist. Seelische und soziale Probleme kommen neben einer falschen Einstellung zum Lernen ebenfalls als Ursache in Frage. In dieser Situation müssen die seelischen Probleme, z.B. eine Depression, zunächst bearbeitet werden bevor die Lernmotivation verbessert werden kann.
Fast alle Schülerinnen und Schüler mögen Erfolgserlebnisse. Mehr Motivation entsteht über Erfolgserlebnisse, die bei einigen in kleinen Schritten herbeigeführt werden müssen.
Manche Schüler möchten sich in der Schule einfach nicht anstrengen. Sie werden mit den negativen Konsequenzen leben müssen und auch können. Dann ist es jedoch kein Versagen der Schule sondern gerade bei älteren und erwachsenen Schülern ist es Ausdruck einer Lebenseinstellung.
Der Begriff Faulsein ist nicht leicht zu definieren. In den meisten Fällen ist er jedoch negativ besetzt im Zusammenhang mit Schule und der Arbeitswelt. Oft wird unter Faulheit ein verfestigter Zustand des Demotiviertseins verstanden. In extremer Form kommt durch Faulsein alles zum Erliegen. Niemand wünscht sich das. Zum Glück sind nur wenige Schülerinnen und Schüler in ausgeprägter Weise faul, die meisten jedoch gelegentlich.
Sich all Zeit bereit zu halten für eine anstehende Aufgabe im Unterricht und das bringt die Schulpflicht für Schülerinnen und Schüler mit sich, ist eine große Aufgabe für junge Menschen. Nur wenige Erwachsene haben im späteren Berufsleben so wenig Spielraum bei der Bearbeitung ihrer Aufgaben und Pflichten wie Schüler in der Schule. Viele Erwachsene haben flexible Arbeitszeiten. Sie können Urlaub bekommen, wenn besondere Probleme anstehen oder genau dann eine Kaffeepause machen, wenn sie es brauchen. Schülerinnen und Schüler haben diese Vorzüge in der Regel nicht, sondern ihre Arbeit ist viel stärker reglementiert. Ihr Geist, ihre Psyche sowie ihr Körper suchen sich "kleine Fluchten" als Reaktion auf diese Vorgaben.
Es ist noch nicht all zu lang her, dass Lehrer sich selbst als "Faule Säcke" titulieren lassen mussten, von Menschen, die die Arbeit von Lehrern wenig kennen. Dieses Etikett war ungerecht und schädlich für den Ruf einer ganzen Berufsgruppe und für das Ansehen von Schule in unserer Gesellschaft. Aus eigener leidvoller Erfahrung sollten Lehrerinnen und Lehrer deshalb nicht leichtfertig von einer "faulen" Schülerschaft sprechen.
Formulierungshilfen für Schulberichte & Zeugnisse Medienwerkstatt Mühlacker. 5. Auflage 2010
Langer, Andreas et. al. Lehrer beobachten und beurteilen Schüler. Mit über 3000 Formulierungen für den Zeugnisbericht. Oldenbourg Schulbuchverlag 2. Auflage 2009
Beispiele für „Faulheit“ und Auswirkungen
Faulheit ist ein eher alltagssprachlicher, etwas altmodischer Begriff. In der Schulpädagogik und Schulpsychologie spricht man weniger von Faulheit sondern von mangelnder Motivation.
Die Beteilung am Unterricht fauler Schüler ist sehr reduziert oder schwankend. Manche Schüler sind nur körperlich anwesend. Werden sie angesprochen, stellt man fest, dass sie geistig vollkommen abwesend sind. Sie reagieren nicht oder einsilbig. Die Kombination der Schülereigenschaften "faul" und "frech" ist besonders negativ für die Schulkarriere.
Schwänzen kann als eine extreme Form der Faulheit in der Schule gesehen werden, denn beim Schwänzen wird die Leistung vollständig verweigert.
Je schlechter die Leistungsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse ist, um so schwieriger ist es für Lehrerinnen und Lehrer zu unterrichten. Unterricht für Schülerinnen und Schüler, die "keinen Bock" haben zu lernen, ist faktisch nicht möglich, denn wer nicht lernen will, wird auch nicht lernen.
Solche Situationen treten zum Glück nur selten auf. Es gibt sie aber in unterschiedlichen Ausprägungen. Sie machen Lehrerinnen und Lehrern das Leben schwer, befördern einen hohen Krankenstand und Frühpensionierungen.
Anmerkungen zum Arbeitsverhalten im Zeugnis
Faulheit oder Fleiß eines Schülers/ einer Schülerin drücken sich in expliziter Form in Kopfnoten und/oder Anmerkungen zum Arbeits- und Sozialverhalten sowie der Anzahl unentschuldigter Fehltage auf dem Zeugnis aus. Je nach Schulrecht und Bundesland ist es geregelt, ob und welche Angaben in welchem Jahrgang und in welcher Schulform auf dem Zeugnis erscheinen. Das Thema ist umstritten und ein parteipolitisches Politikum. In Folge stehen Angaben zum Arbeitsverhalten - je nach politischer Beschlusslage und Konferenzbeschluss - manchmal explizit auf dem Zeugnis und manchmal nicht.
Das Arbeitsverhalten eines Schülers gilt als wichtiger Teil der Bildung und Erziehung neben fachbezogenen Fähigkeiten. Gegner expliziter Angaben zum Arbeitsverhalten eines Schülers lehnen das Verteilen von "Fleißkärtchen" eher ab, weil es oberflächlich angepasstes, unkritisches Verhalten begünstige. Außerdem fließe das Arbeitsverhalten ohnehin in die Fachnote mit ein und müsse nicht gesondert aufgeführt werden.
Die Sichtweisen auf die Beurteilung des Arbeitsverhaltens von Schülern und Schülerinnen sind zum Teil so kompliziert und unterschiedlich geregelt, unterliegen häufig einer Änderung, dass für Lehrerinnen und Lehrer oft unklar ist, in welcher Form die Beurteilung des Arbeitsverhaltens auf dem aktuell zu erstellenden Zeugnis erscheinen soll. Im Zweifelsfall kann die geltende Regelung beim Schulamt nachgefragt werden. Welche Formulierungen zu verwenden sind, unterliegt zum Teil aktuellen Konferenzbeschlüssen. Insbesondere für junge Lehrerinnen und Lehrer ist es eine Herausforderung das Arbeitsverhalten mit in die Notenfindung angemessen einzubeziehen wegen der komplizierten Beschlusslagen.
Grassiert im Unterricht die Faulheit, kann überlegt werden, in welcher Form durch Beschlüsse der Fachkonferenzen das Arbeitsverhalten von Schülern im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten stärker bei der Beurteilung der Leistung berücksichtigt werden kann, um zumindest für einige Schülerinnen und Schüler Anreize zu schaffen, sich fleißiger am Unterricht zu beteiligen. Da Leistungsverweigerung oder teilweise Leistungsverweigerung seitens der Schüler Unterricht geradezu unmöglich machen kann, sind Änderungen die die Beurteilung des Arbeitsverhaltens betreffen, manchmal sinnvoll.
Rückmeldungen zum Arbeitsverhalten von Schülerinnen und Schülern müssen nicht zwangsläufig auf dem Zeugnis selbst stehen. Es besteht beispielweise die Möglichkeit dem Zeugnis einen Elternbrief beizulegen, in dem ein problematisches oder besonders gutes Arbeitsverhalten thematisiert wird. Eine weitere Alternative auf ein schlechtes Arbeitsverhalten zu reagieren, könnte ein gemeinsames Gespräch mit Eltern und Schüler sein.
Ein Lob der Faulheit?
Wir möchten gern zwischendurch faul sein und intuitiv suchen wir immer wieder bewusst oder unbewusst nach Formen des Rückzugs oder des Abschaltens. In einem Umfeld, in dem Faulsein verpönt ist, bekommt jede Form des Daseins das Etikett "Arbeit". So sprechen Erwachsene von Traumarbeit oder Beziehungsarbeit. Soweit gehen Schüler in der Regel nicht.
Jeder kann nachvollziehen, dass Rückzugsphasen und Lernpausen wichtig sind, um neue Konzentration und Motivation fürs Lernen und Verstehen aufbauen zu können. In diesen Auszeiten können wir innere Distanz bekommen zu Routinen, die nicht mehr angemessen sind.
In diesen Rückzugsphasen können Schülerinnen und Schüler entsprechend nachdenken, ob ihre Lernstrategien fürs Vokabellernen noch passen oder ob sie etwas ändern müssen. Gerade in den Auszeiten kommt oft die zündende Idee für den gelungenen Essay. Vom Schlaf wissen wir, wie wichtig er ist, um Gelerntes besser zu behalten. Nachweislich ist ein kurzer Mittagsschlaf erfrischend und anschließend ist die Leistungsfähigkeit besser. Schülerinnen und Schüler, die aussehen, als wären sie faul, sind möglicherweise nur damit beschäftigt, etwas geistig und seelisch zu verarbeiten und neue Energie zu tanken. Anders formuliert, Faulsein in der Schule kann unter Umständen eine Auszeit sein, die ein Schüler sich nimmt zu einer Zeit, in der offiziell keine Pause ist.
In der Pubertät der Schülerinnen und Schüler ist Faulsein ein verbreitetes Symptom. Der fleißige Streber ist unbeliebt und wirkt sehr uncool, denn der Streber versucht in einem Übermaß den Anforderungen der Eltern und Lehrer zu entsprechen. Aber gerade von Eltern und Lehrern müssen sich Schülerinnen und Schüler während der Pubertät vorübergehend abnabeln, um ihr eigene Identität und eigene Ziele zu finden. Bei dieser Abnabelung kommt es oft zu unangemessenen Übertreibungen, beispielweise in Form diverser Formen subtiler und offener Formen der Leistungsverweigerung. Faulsein kann entsprechend während der Pubertät ein entwicklungsbedingtes Phänomen sein, das seinen Sinn hat.
Lehrer und Lehrerinnen sollten sich von "faulen" Schülern nicht all zu leicht provozieren lassen oder dieses Verhalten gar persönlich nehmen. Manche Menschen sind zudem von Natur aus eher phlegmatisch, spüren insbesondere in der "künstlichen" Welt Schule wenig Lust sich anzustrengen. Einige können außerhalb von Schule und Unterrichtssituationen, also unter realen Bedingungen, mehr Fleiß an den Tag legen.
Gelegentliches Faulsein ist ehrlicherweise eine sehr menschliche, gar notwendige Eigenschaft und so manch einer fühlt sich von einer ständigen "Wichtigtuerei" in seiner Umgebung gestört.
Der Faulheit begegnen – Motiviert bleiben
Abwechslungsreiche Aufgabenbearbeitung, die das Gehirn der Schüler auf unterschiedliche Weise beansprucht, lassen Schülerinnen und Schüler wacher und motivierter sein. Lehrer wissen das schon lange.
Unsere modernen Formen des Unterrichts sollen möglichst wenig lehrerzentriert sein. Darüber hinaus sollen Schülerinnen und Schüler mit sehr unterschiedlicher Leistungsbereitschaft in neuen Schulformen zunehmend gemeinsam lernen. Schülerinnen und Schüler sind dadurch stark herausgefordert, ihr eigenes Lernen zu organisieren. Sie sollen selbst ihre Lernziele bestimmen, die Art des Lernens und das Lerntempo. Nicht jeder Schüler schafft es jedoch intuitiv, mit kreativem Geschick sich sein Lernen optimal zu organisieren. Viele lassen vorzeitig vom formulierten Lernziel ab. Es entsteht leicht der Eindruck eines Null-Bock-Schülers, eines faulen Schülers.
Der Blick der Schüler für die unterschiedlichen Möglichkeiten, sich einen Stoff abwechslungsreich selbstständig zu erarbeiten, aufnahmebereit und lernfähig zu bleiben, wird zukünftig stärker als früher in den Mittelpunkt von Unterricht rücken müssen. Ohne die Hilfe ihrer Lehrer werden die meisten Schüler diese Kompetenz nur unzureichend erwerben können.
Will man einen faulen Schüler motivieren, ist es erforderlich ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihm aufzubauen. Nur so kann man herausfinden, was diesem Schüler/dieser Schülerin wichtig ist, wofür er oder sie bereit ist, sich anzustrengen. Eltern sind hier ebenfalls gefragt, denn sie - so sollte es zumindest sein - können Hinweise zu den Wünschen, Träumen und Fähigkeiten ihrer Kinder geben.
Manche Schülerinnen und Schüler haben es nicht gelernt sich anzustrengen. Ihnen ist möglicherweise Vieles "zugeflogen" oder sie kommen aus einem Elternhaus, in dem eine gute Schulbildung einen geringen Wert hat. Ihre Eltern und älteren Geschwister waren in der Schule ebenfalls wenig motiviert. An ihnen können sie sich kein Vorbild nehmen, sie müssen für sich andere Vorbilder finden.
Hat man ein vertrauensvolles Verhältnis zu einem demotivierten Schüler, bekommt man eine Ahnung davon, warum dieser Schüler so ist. Seelische und soziale Probleme kommen neben einer falschen Einstellung zum Lernen ebenfalls als Ursache in Frage. In dieser Situation müssen die seelischen Probleme, z.B. eine Depression, zunächst bearbeitet werden bevor die Lernmotivation verbessert werden kann.
Fast alle Schülerinnen und Schüler mögen Erfolgserlebnisse. Mehr Motivation entsteht über Erfolgserlebnisse, die bei einigen in kleinen Schritten herbeigeführt werden müssen.
Manche Schüler möchten sich in der Schule einfach nicht anstrengen. Sie werden mit den negativen Konsequenzen leben müssen und auch können. Dann ist es jedoch kein Versagen der Schule sondern gerade bei älteren und erwachsenen Schülern ist es Ausdruck einer Lebenseinstellung.
Faulheit provoziert und ist doch verständlich: Kommentar
Der Begriff Faulsein ist nicht leicht zu definieren. In den meisten Fällen ist er jedoch negativ besetzt im Zusammenhang mit Schule und der Arbeitswelt. Oft wird unter Faulheit ein verfestigter Zustand des Demotiviertseins verstanden. In extremer Form kommt durch Faulsein alles zum Erliegen. Niemand wünscht sich das. Zum Glück sind nur wenige Schülerinnen und Schüler in ausgeprägter Weise faul, die meisten jedoch gelegentlich.
Sich all Zeit bereit zu halten für eine anstehende Aufgabe im Unterricht und das bringt die Schulpflicht für Schülerinnen und Schüler mit sich, ist eine große Aufgabe für junge Menschen. Nur wenige Erwachsene haben im späteren Berufsleben so wenig Spielraum bei der Bearbeitung ihrer Aufgaben und Pflichten wie Schüler in der Schule. Viele Erwachsene haben flexible Arbeitszeiten. Sie können Urlaub bekommen, wenn besondere Probleme anstehen oder genau dann eine Kaffeepause machen, wenn sie es brauchen. Schülerinnen und Schüler haben diese Vorzüge in der Regel nicht, sondern ihre Arbeit ist viel stärker reglementiert. Ihr Geist, ihre Psyche sowie ihr Körper suchen sich "kleine Fluchten" als Reaktion auf diese Vorgaben.
Es ist noch nicht all zu lang her, dass Lehrer sich selbst als "Faule Säcke" titulieren lassen mussten, von Menschen, die die Arbeit von Lehrern wenig kennen. Dieses Etikett war ungerecht und schädlich für den Ruf einer ganzen Berufsgruppe und für das Ansehen von Schule in unserer Gesellschaft. Aus eigener leidvoller Erfahrung sollten Lehrerinnen und Lehrer deshalb nicht leichtfertig von einer "faulen" Schülerschaft sprechen.
Buchtipps
Formulierungshilfen für Schulberichte & Zeugnisse Medienwerkstatt Mühlacker. 5. Auflage 2010
Langer, Andreas et. al. Lehrer beobachten und beurteilen Schüler. Mit über 3000 Formulierungen für den Zeugnisbericht. Oldenbourg Schulbuchverlag 2. Auflage 2009
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Über den Autor/die Autorin
Hildegard Dierks arbeitet seit vielen Jahren als Online-Autorin und Online-Redakteurin für verschiedene Zielgruppen, z.B. Eltern. Zu ihren Themenschwerpunkten zählen alle Themen rund um Grundschule, Fremdsprachenlernen, Musikerziehung, computergestütztes Lernen aber auch schulpolitische Themen.