Nintendo und Co - Computerspiele in der Grundschule

Entwicklung und Erziehung
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von Anna Bahr
Computer, Tablets oder Smartphones gehören wie selbstverständlich zu fast jedem Haushalt dazu. Dabei gibt es den PC erst seit gut 35 Jahren. Während die Geräte zu Anfang ihrer Entwicklung noch klobige und langsame Maschinen waren, kann sie mittlerweile jedes Kind bedienen. Doch wie viel Zeit sollten Kinder im Grundschulalter vor dem Bildschirm verbringen?
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Computer, Tablets oder Smartphones gehören wie selbstverständlich zu fast jedem Haushalt dazu. Dabei gibt es den PC erst seit gut 35 Jahren. Während die Geräte zu Anfang ihrer Entwicklung noch klobige und langsame Maschinen waren, kann sie mittlerweile jedes Kind bedienen. Doch wie viel Zeit sollten Kinder im Grundschulalter vor dem Bildschirm verbringen?

Einfach mit dem Finger über den Display wischen und schon landet man auf der nächsten Seite im Internet. Smartphones und Tablets lassen sich so einfach bedienen, dass sogar schon die Allerkleinsten damit umgehen können. Viele Kinder im Grundschulalter besitzen sogar schon einen eigenen Computer. Der Markt bietet eine breite Auswahl an Spielen an, die extra auf die Zielgruppe der sechs- bis zehnjährigen zugeschnitten sind. Für Mädchen gibt es zum Beispiel Tierspiele, bei denen man ein Pferd durch einen Parkour führen oder kleine Hundewelpen füttern kann. Geschichten wie „Die Eiskönigin“, die die Kinder aus dem Fernsehen kennen, gibt es auch als Version für Nintendo. Bei den Jungs ist „Super Mario“ beliebt, ebenso wie verschiedene Autorennen. Daneben existieren auch Lernspiele, bei denen die Kinder, so das Versprechen der Hersteller, ihre Sprach- oder Rechenkenntnisse verbessern sollen. Doch inwieweit sind Nintendo, Playstation und Co für Kinder im Grundschulalter förderlich? Und wo sollten Eltern Grenzen setzen?

Fähigkeiten der Kinder am Computer

Auf dem Spielplatz, beim Einkaufen oder sogar bei den Mahlzeiten. Viele Erwachsene sind ständig mit ihrem Smartphone beschäftigt. Sie leben ihren Kindern den Umgang mit digitalen Medien vor. Klar, dass die Kleinen irgendwann selbst den Wunsch nach einem eigenen Computer haben. Einige Eltern geben den Bitten ihrer Sprösslinge nach und kaufen die gewünschte Nintendo-Konsole oder das Tablet. Um das elterliche Gewissen zu beruhigen, gibt es gleich ein paar Lernspiele dazu. Doch lernen die Kinder wirklich etwas auf dem Gerät? Die einzelnen Funktionen verstehen sie sehr schnell, oft sogar schneller als die Erwachsenen. Sie haben keine Scheu und probieren einfach alles aus. Manfred Spitzer, Psychiater, Psychologe und Hochschullehrer, warnt allerdings in seinem Buch „Digitale Demenz“ davor, die Fähigkeiten der Kinder an den smarten Geräten überzubewerten: „Die immer wieder laut werdende Behauptung, da würde eine unheimliche Kompetenz mit neuen Medien entstehen, die stimmt einfach nicht! Im Gegenteil, es gibt Studien, die eindeutig zeigen, dass die sogenannten "Digital Natives" nicht nur über eine geringere Frustrationstoleranz verfügen, sondern auch über eine geringere Aufmerksamkeitsspanne. Das mit der Medienkompetenz klingt natürlich gut, ist aber nichts als ein Hype.“ Spitzer, selbst sechsfacher Vater, vertritt die These, dass Eltern den Videospielkonsum ihrer Kinder so weit wie möglich einschränken sollten. Je später sie mit Nintendo und Co in Berührung kämen, desto besser. "Geben sie einem Schulkind eine Playstation und schon hat es schlechtere Schulnoten", prophezeit Spitzer. Neben den schlechteren kognitiven Leistungen führt Spitzer auch noch die körperliche Kondition an, die sich durch viele Stunden an der Konsole oder am PC einstellen würde. Viele Kinder, so Spitzer, würden schlicht und einfach dick werden. Denn wer viele Stunden im Sitzen spielt, gibt seinem Körper nicht die Bewegung, die er braucht.
Dagegen stehen die Ergebnisse der University of Rochester. Die Studie zeige, so die Forscher, dass Menschen, die Action-Spiele spielen, die Fähigkeit zum schnelleren Denken entwickeln würden. Wissenschaftlerin Daphne Bavelier erklärte, dass unser Gehirn durch die Spiele visuelle und autitive Prozesse besser verarbeiten könne: „Action-Gamer sind durch Spiele sehr viel präziser und somit schneller. Sie treffen mehrere richtige Entscheidungen, während einer gewissen Zeitspanne.“ Unter den Experten ist die Meinung zum Nutzen der digitalen Medien allerdings weitestgehend geteilt. Da das Phänomen von Computerspielen noch nicht lange besteht, gibt es auch keine Langzeitstudien zum Thema.

Grenzen bei der Mediennutzung für Kinder

Für Eltern ist die Entscheidung trotzdem nicht immer einfach. Vielleicht möchte das Kind einfach zu seiner Gruppe dazugehören, vielleicht haben alle seine Freunde auch eine Nintendo-Konsole. Wer sich dann doch für einen Computer oder ein Smartphone entscheidet, sollte auf sein Bauchgefühl hören. „Es ist wichtig, dass man seinen gesunden Menschenverstand einschaltet. Wir wissen doch eigentlich, was Kindern gut tut und was nicht.“, so Spitzer. Hilfreich könnten feste Computer- oder Spielzeiten sein, die zwischen Kindern und Eltern vereinbart werden. Genau wie beim Fernsehkonsum ist hier weniger oft mehr. Und so sinnvoll Lern-Apps den Eltern auch erscheinen mögen, auch hier sollte irgendwann Schluss sein. Außerdem sollten Eltern darauf schauen, welche Spiele die Kinder in Gebrauch haben und ob sie für das jeweilige Alter geeignet sind. Kinder im Grundschulalter haben zudem noch einen sehr großen Bewegungsdrang. Man sollte nicht vergessen, dass sich das Gelernte aus der Schule sich während des Tobens auf dem Spielplatz oder im Garten noch einmal festigt. Und: Für die Kleinen ist die gemeinsam Zeit mit den Eltern wertvoll. Mama und Papa hören zu, wenn die Kinder von ihrem Alltag in der Schule erzählen, von dem Streit mit der Freundin oder der verpatzten Torchance in der Hofpause. Übrigens, im Frühling 2015 startete die Stadt Frankfurt eine große Plakataktion. Auf den Bildern, die in der gesamten Innenstadt hingen, waren Eltern zu sehen, die auf ihr Smartphone starrten und ihre Kinder dabei ignorierten. „Sprechen Sie lieber mit ihrem Kind“ konnten Passanten auf den Plakaten lesen. In diesem Sinne sollten Eltern nicht nur die Zeit überprüfen, die ihre Kinder am Computer verbringen, sondern auch schauen, wie lange sie eigentlich selbst mit ihrem Smartphone beschäftigt sind.

Quellenangabe:

» Digitale Demenz - Verblöden wir durch Computer? (ZDF)
» Sudie der University of Rochester
» Plakataktion in Frankfurt

Lesetipp:

Spitzer, Manfred: Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen.
Droemer. 2012

Spitzer, Manfred: Lernen: Gehirnforschung und die Schule des Lebens.
Spektrum Akademischer Verlag. 2007
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Über den Autor/die Autorin

Anna Bahr hat an der Universität Leipzig ihr Germanistik- und Philosophiestudium abgeschlossen. Seit einigen Jahren arbeitet sie als freie Redakteurin. Ihre thematischen Schwerpunkte sind Kinder und Familie sowie Kunst und Kultur.

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