Baustelle Hausaufgaben
Baustelle Hausaufgaben
Lustlosigkeit und Frust - das empfinden viele Schüler, wenn sie nachmittags vor ihren Hausaufgaben sitzen. Kommen dann noch Leistungsdruck und Verständnisschwierigkeiten dazu, werden die Hausaufgaben zum täglichen Kampf und zur ewigen Baustelle.
Mit Hausaufgaben sollen Kinder den erlernten Stoff aus dem Unterricht selbstständig wiederholen und vertiefen. In der Theorie erscheint das Konzept von Hausaufgaben sinnvoll. In der Praxis helfen Schülern solche pädagogischen Leitgedanken allerdings nicht weiter. In vielen Familien kommt es regelmäßig zu Streitereien. Die Eltern schimpfen, drohen und sanktionieren, das Kind ist zunehmend eingeschüchtert, frustriert und überfordert. In dieser aufgeladenen Situation fällt dem Kind die Arbeit noch schwerer. Mit einigen Tipps, können Eltern ihre Kinder aber unterstützen und Hausaufgaben gar nicht erst zur täglichen Baustelle werden lassen.
1. Pausen einplanen
Die meisten Schulen sind mittlerweile Ganztagsschulen und für viele Kinder endet ein Schultag erst gegen 16 Uhr. Die Folge ist, dass Kinder wöchentlich 35 bis 40 Stunden in der Schule verbringen. Selbst wenn der eigentliche Unterricht nur bis 13 Uhr dauert, warten nach dem Mittagessen verschiedene Beschäftigungsangebote oder Förderprogramme. Klar, dass die Kinder dann zu Hause erst einmal ausgepowert und müde sind. Damit sie ihre Schularbeiten konzentriert erledigen können, brauchen sie eine erholsame Pause. Zeit, in der sie einfach einmal nichts machen müssen. Das heißt aber auch: Fernseher und Computer sollten ausgeschaltet werden.
2. Klare Strukturen schaffen
Um konzentriert arbeiten zu können, braucht es innere Ruhe. Förderlich dafür ist die richtige Arbeitsatmosphäre. Dazu gehört, dass Störquellen wie der Fernseher oder das Radio nicht ununterbrochen laufen. Wichtig ist auch ein aufgeräumter und heller Arbeitsplatz. Vielleicht hat das Kind einen eigenen Schreibtisch in seinem Zimmer, wo auch kleinere Geschwister nicht ständig stören können. Der Tisch steht bestenfalls an der Wand, so dass das Kind nicht ständig aus dem Fenster guckt und sich in Träumereien verliert. Generell gilt: Spielzeug, CDs oder Bücher haben während der Hausaufgabenzeit nichts auf dem Schreibtisch verloren.
3. Aufgaben portionieren
Eine Regel, die sich bewährt hat, lautet: Erst die leichten Aufgaben erledigen, dann die schweren. Fast jedes Kind hat ein Fach, das ihm leichter fällt. Bearbeitet das Kind erst die einfachere Aufgabe, entsteht so ein erstes Erfolgserlebnis und die Motivation bleibt bestehen. Ist der erste Schwung geschafft, kann auch der zweite Teil bewältigt werden.
4. Das Kind nicht allein lassen
Wenn der Schultag lang war und das Kind müde und erschöpft ist, kann es hilfreich sein, wenn Eltern es bei den Hausaufgaben begleiten. Das gilt vor allem bei Grundschülern. In manchen Familien befindet sich das Kinderzimmer auf einer anderen Etage und das Kind fühlt sich allein und isoliert. Viele Grundschüler erledigen deshalb ihre Hausaufgaben am liebsten in der Küche, wo Mutter oder Vater nebenbei ein paar Handgriffe erledigen. Dabei müssen die Eltern gar nicht jeden Schritt ihres Sprösslings streng überwachen. Es reicht die bloße Anwesenheit, um zu signalisieren: Du bist nicht allein, ich unterstütze dich. Aber auch hier sollte die nötige Ruhe vorhanden sein, damit das Kind nicht ständig abgelenkt ist.
5. Klare Zeiten
Vor allem jüngere Kinder können sich gut an festen Hausaufgabenzeiten orientieren. Eltern und Kind sollten dabei gemeinsam herausfinden, wann das Kind am besten lernen kann. Wichtig ist, dass abgemachte Zeiten auch eingehalten werden und das Kind die Aufgaben nicht durch Ausreden vor sich her schiebt. Durch solch eine Hausaufgabenroutine vermeiden Mutter und Vater die täglichen Diskussionen. Allgemein gilt: Am Abend sollten keine Hausaufgaben gemacht werden. Einerseits ist das Kind nach einem langen Tag dafür einfach zu müde und andererseits ist der Druck zu groß, noch vor dem Schlafen alle Aufgaben ordentlich zu erledigen.
6. Aufgabenverständnis
Manchmal brauchen Kinder aber nicht nur moralische Unterstützung bei den Hausaufgaben, sondern haben Verständnisprobleme. Vielleicht haben sie im Unterricht nicht richtig aufgepasst oder die Erklärungen des Lehrers waren nicht ausreichend. Hier gibt es zahlreiche Gründe. Natürlich sollen Eltern nicht für ihre Kinder die Schularbeiten erledigen, das würde den Lernerfolg verhindern. Aber sie können ihr Kind durchaus anleiten. Oft hilft es schon, das Kind die Aufgabenstellung mit eigenen Worten wiederholen zu lassen oder zum Nachdenken zu animieren: Was würdest du im nächsten Schritt tun? Habt ihr eine ähnliche Aufgabe schon im Unterricht gelöst? Falls das Kind eine Aufgabenstellung trotzdem nicht versteht, sollten Vater oder Mutter es ermutigen, gezielt im Unterricht nachzufragen.
7. Termine überprüfen
Wenn das Kind trotz Pausen immer müde und lustlos an die Hausaufgaben herangeht, sollten Eltern einmal den Terminkalender ihres Sprösslings überprüfen. Wie viel Zeit in der Woche verbringt es in Vereinen oder bei Kursen? Und wie viel Zeit hat es zum freien Spiel, zum Träumen und Trödeln? Vielleicht ist die Woche des Kindes zu voll gepackt und es hat vor lauter Verpflichtungen keine Zeit für sich? Hier kann es hilfreich sein, die Woche zu entzerren und einige Aktivitäten abzusagen. Wenn Eltern allerdings das Gefühl haben, dass ihr Kind bei den Hausaufgaben durchgängig Schwierigkeiten hat, wenn es regelmäßig die Aufgabenstellungen nicht versteht oder sie sogar verschweigt, sollten Eltern den Kontakt zum Klassen- oder Fachlehrer suchen. Vielleicht hat das Kind auch im Unterricht Probleme und traut sich nicht, darüber zu sprechen. Nicht zuletzt ist gerade für Grundschüler Anerkennung wichtig. Eltern dürfen sich gerne darüber freuen, dass ihr Kind die Aufgaben selbstständig angefertigt hat und es loben. Und: Auch wenn Hausaufgaben manchmal lästig erscheinen, stärken sie das Gefühl von Selbstverantwortung und Eigenständigkeit des Kindes.
Buchtipp:
Kohler, Britta: Hausaufgaben: Helfen - aber wie? Beltz Taschenbuch. 2003
Anna Bahr hat an der Universität Leipzig ihr Germanistik- und Philosophiestudium abgeschlossen. Seit einigen Jahren arbeitet sie als freie Redakteurin. Ihre thematischen Schwerpunkte sind Kinder und Familie sowie Kunst und Kultur.