Schulfreundschaften und Schulerfolg

Entwicklung und Erziehung
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von Hildegard Dierks
Schulfreundinnen und Schulfreunden tragen zum Wohlbefinden in der Schule bei. Insbesondere in angespannten Situationen, z.B. vor wichtigen Klausuren, beim Wechsel auf die weiterführende Schule, ist alles leichter, diese Herausforderungen gemeinsam mit der Schulfreundin oder dem Schulfreund zu meistern.
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Schulfreundinnen und Schulfreunden tragen zum Wohlbefinden in der Schule bei. Insbesondere in angespannten Situationen, z.B. vor wichtigen Klausuren, beim Wechsel auf die weiterführende Schule, ist alles leichter, diese Herausforderungen gemeinsam mit der Schulfreundin oder dem Schulfreund zu meistern. Man kann sich gegenseitig Mut machen und auch zusammen lernen. Menschen, die sich gern an die Schulzeit erinnern, hatten fast immer einen guten Schulfreund oder eine Schulfreundin. Im Poesiealbum oder Freundschaftsbuch sind Schulfreundinnen und Schulfreunde verewigt.

Klassengemeinschaft - Schulfreundschaft

Kinder im schulpflichtigen Alter sind zwar nicht nur durch ihre Schülerrolle definiert, aber Schule spielt in ihrem Leben eine große Rolle. Die Zeit, die Kinder in der Schule verbringen, nimmt in jüngster Zeit noch zu und somit wird dieses soziale Umfeld für Kinder immer wichtiger .

Zum sozialen Umfeld „Schule“ gehören die Klassengemeinschaft oder Kursgemeinschaft, Lehrerinnen und Lehrer aber im besonderen Maße auch die Schulfreunde. Mit Schulfreunden verbringen schulpflichtige Kinder oft nicht nur die Zeit in der Schule sondern darüber hinaus auch Freizeit. Der schulische Rahmen wirkt sich jedoch stark auf Schulfreundschaften aus: regelmäßiges Treffen in der Schule ohne Verabredung, gemeinsame Lehrer, gemeinsamer Unterricht, gemeinsame Prüfungen und Klassenfahrten, Ärger mit Mitschülern.

Schulfreundschaften bestimmen die Gruppendynamik einer Klassengemeinschaft mit. Zwei Schulfreundinnen oder Schulfreunde treten in der Klassengemeinschaft anders auf als einzelne Schüler. Schulfreundschaften zwischen Kindern können sich positiv auswirken , weil Schulfreunde sich gegenseitig motivieren und emotional stabilisieren können. Aus dieser Stärke heraus können sie in die Klassengemeinschaft hineinwirken.

Schulfreundschaften können sich jedoch auf Kinder, die keinen speziellen Schulfreund haben oder zu einer Clique von Schulfreunden und Schulfreundinnen gehören, auch negativ auswirken. Das geschieht dann, wenn sich „dicke“ Schulfreunde weigern, andere Schülerinnen und Schüler in ihre exklusive Beziehung aufzunehmen oder wenn sie aufhören, sich für andere Mitschülerinnen und Mitschüler überhaupt zu interessieren und sich selbst genug sind.

Schülerinnen und Schüler, die durch Schulfreundschaften emotional stabilisiert sind, haben bessere Voraussetzungen für Schulerfolg, während Kinder, die eher auf sich gestellt sind in der Klassengemeinschaft, ohne diesen Vorteil auskommen müssen. Schulerfolg hängt jedoch nicht monokausal von gelungenen Schulfreundschaften ab sondern von weiteren Faktoren: Motivation, Intelligenz, Unterstützung durch das Elternhaus.

Schulfreundschaften unterliegen Wandel

Selten ist der beste Schulfreund zu Abiturzeiten noch der Schulfreund aus Grundschulzeiten. Mit dem Wechsel der Schule geht für die meisten Kinder ganz allmählich ein Wechsel der Schulfreunde einher. Kinder müssen sich dann auf neue Mitschülerinnen und Mitschüler einlassen. Das ist für Schülerinnen und Schüler auch mit negativen Gefühlen und Ängsten verbunden. Es ist für einige Kinder beispielweise eine große Herausforderung nach dem Ende der Grundschulzeit ohne einen einzigen Schulfreund /eine Schulfreundin an eine neue Schule zu wechseln, z.B. ans Gymnasium. Diese Situation kommt zwar nicht oft vor, denn fast jeder geht mit einem Schulfreund. Kinder, die in der Grundschule in ein Netz von Schulfreunden eingebunden waren und dieses nicht, nicht einmal teilweise mit in die neue Schule übernehmen können, wollen manchmal aus diesem Grund gar nicht zum Gymnasium wechseln. Diese Kinder möchten, ihren Gefühlen und nicht dem Leistungsprinzip folgend, einfach auf dieselbe Schule gehen wie die beste Schulfreundin.

Befürworter eines langen gemeinsamen Lernens argumentieren deshalb auch damit, dass Schulfreundschaften nicht durch leistungsbezogene Zuweisungen zu verschiedenen Schulen von außen abrupt zerstört werden sollen, um die Kinder nicht unnötig zu belasten. Lebenswege sollen nicht auf diese Weise getrennt werden.

Wiederholen Schülerinnen und Schüler eine Klasse durch Sitzenbleiben, bedeutet dieses meistens auch, dass sie nicht mehr gemeinsam mit den Schulfreunden die Schulzeit absolvieren können. Sie müssen sich neue Schulfreunde in der neuen Klassengemeinschaft suchen, in einer für sie ohnehin herausfordernden Situation.

Schulfreundschaften haben Grenzen

Die möglichen positiven Effekte von Schulfreundschaften lassen sich schwer wissenschaftlich erfassen. Gelungene Schülerfreundschaften sind ein Faktor für Schulerfolg und die gesamte Persönlichkeitsentwicklung eines Schülers. Schulfreundschaften sind eine starke psychologische Realität für Kinder.

Doch Schulfreundschaften sind auch problemanfällig. Sie werden geschlossen in Lebensphasen, in denen die Persönlichkeit der Kinder noch nicht ausgereift ist und somit auch besonders empfindlich ist für Fehlentwicklungen.

Anders als in anderen Freundschaften sind in Schulfreundschaften Schulthemen und Unterrichtsthemen wie „Leistung zeigen“ und „Zensuren“ wichtig. Oft geht es in Schulfreundschaften auch darum mit Schulproblemen klarzukommen.

Kinder nehmen ihre Schulfreundschaften sehr ernst. Wenn es nicht gut läuft mit der Schulfreundin, leiden Schülerinnen und Schüler sehr. Kinder brauchen deshalb auch bei ihren Schulfreundschaften von Lehrern und Eltern oft Rat.

Wann müssen Eltern und Lehrer aufmerksam sein?

Es gibt Situationen, in denen Schulfreunde sich gegenseitig nicht helfen können. Für Klassenarbeiten können Schulfreunde sich zwar gemeinsam vorbereiten aber in der Prüfungssituation selbst muss jeder Schüler/jede Schülerin allein bestehen. Auch wenn vermutlich viele Kinder den besten Schulfreund in der Prüfung im Notfall abschreiben lassen möchten, ist dies nicht möglich. Vom Schulfreund wiederum seinerseits zu verlangen, dass er einen aus Freundschaft abschreiben lässt, ist ebenfalls falsch verstandene Freundschaft. Es ist wichtig über diese Situationen zu sprechen im Elternhaus und in der Klassengemeinschaft. Solche Situationen treffen Kinder sonst unvorbereitet und erzeugen Loyalitätskonflikte, die mit einer schlechten Note für beide Schülerinnen und Schüler enden können. Dem Schulfreund nicht helfen zu können oder Hilfe nicht einfordern zu können, ist ein schwieriger Moment in Schülerfreundschaften.

Mobbing stellt im Zusammenhang mit Schule eine Problematik von wachsender Bedeutung dar. Gemobbte Kinder können in der Schule nicht mehr optimal lernen, ihr Schulerfolg ist stark gefährdet. Wo steht der Schulfreund im Mobbingszenario? Hat ein Mobbingopfer einen Schulfreund, ist es für das Mobbingopfer zunächst einmal günstig aber der Schulfreund läuft bei einem ausgeprägten Mobbing Gefahr, ebenfalls Mobbingopfer zu werden. Echtes Mobbing in der Schule ist ein Problem von so einer Tragweite, das nicht von Schülerinnen und Schülern allein gelöst werden kann. Ein Schulfreund kann entsprechend seinen Schulfreund nicht allein aus einer Mobbingsituation befreien.

In Internaten haben Schulfreunde und Zimmergenossen oft noch eine wichtigere Stellung im Leben der Schülerinnen und Schüler als in anderen Schulen. In einigen Internaten tradieren sich mehr oder weniger sonderbare, manchmal gefährliche Aufnahmerituale, d.h. Mutproben oder demütigende Aktionen für Neuankömmlinge. Eltern und Lehrer sind aufgefordert, hier an Auswüchse zu denken, so dass Schülerinnen und Schüler keinen körperlichen und seelischen Schaden nehmen. Schülerinnen und Schüler können Gefahren nicht immer abschätzen.

Hilfe brauchen auch oft Teenager-Liebespaare, wenn ihre Liebe zu Ende geht und sie weiterhin in einer Klassengemeinschaft lernen müssen. Solche Situationen stellen eine große emotionale Herausforderung für Jugendliche dar.

Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen

Zum Erziehungsauftrag von Schulen gehört es, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, soziale Verantwortung zu übernehmen. Das schulische soziale Umfeld eines Kindes umfasst nicht nur die Schulfreunde sondern die Klassengemeinschaft insgesamt sowie die Schulgemeinschaft.

Ein Schulfreund/eine Schulfreundin ist jemand, den man gut leiden kann, ein geliebter Verbündeter, ein guter Lernpartner oder gar Seelenverwandter. Sich mit seinem Schulfreund gut zu verstehen, ist nicht besonders schwer.

Zur Förderung des Schulerfolgs insgesamt und zur Entwicklung eines Kindes gehören auch Erfahrungen und Anleitungen im Umgang mit Mitschülerinnen und Mitschülern die man nicht besonders gut leiden kann, einem sogar richtig auf die Nerven gehen. Es reicht also nicht, es sich mit dem eigenen Schulfreund bequem zu machen. Insbesondere zur Vorbeugung von Mobbing in der Schule, trägt jedes Kind auch etwas Verantwortung für die Klassengemeinschaft und die Schulgemeinschaft durch das eigene Verhalten.

Schülerinnen und Schüler müssen deshalb lernen, auch dem Mitschüler respektvoll zuzuhören, den man nicht leiden kann. Sie müssen lernen, keine Gerüchte in der Schule und in sozialen Netzwerken über sie zu verbreiten, auch wenn der Reiz dieses zu tun gelegentlich groß ist.

Soziale Verantwortung übernehmen, bedeutet ebenfalls zu lernen, mit Ablehnung und aufkommender Eifersucht umzugehen, wenn der Schulfreund sich das Recht herausnimmt, mit anderen etwas zu unternehmen. Es ist wichtig für Schulkinder zu fragen, bin ich ein guter Schulfreund, eine gute Mitschülerin oder bin ich im Gegenteil eine Mobberin?

Soziale Verantwortung zu übernehmen außer für sich und die besten Schulfreunde, lernen viele Kinder bereits in der Grundschule in Rahmen von Streitschlichterprogrammen oder durch das Einhalten der Hausordnung. Auch geänderte Sitzordnungen, Partnerarbeit und Gruppenarbeit mit vorgegebenen Arbeitspartnern unterstützen diesen sozialen Lernprozess.

Kommentar: Nicht nur Schulfreunde sind wichtig

Viele haben das Glück gemeinsam mit einer Schulfreundin/einem Schulfreund Abenteuer zu erleben, Niederlagen erfolgreich durchstehen zu können, Siege zu feiern oder über das Leben zu philosophieren. In intensiven Momenten von Schülerfreundschaften kann das Leben sich perfekt anfühlen. Solche Momente können die Seele ein Leben lang nähren, denn es sind sehr frühe prägende Erfahrungen von Freundschaft.

Schulfreunde helfen in der Schule erfolgreich zu sein, ersetzen aber die Notwendigkeit motiviert zu lernen jedoch nicht. Man kann auch gemeinsam mit einem Schulfreund in einer Prüfung durchfallen und am Ende zusammen ohne Schulabschluss dastehen.

Viele Schülerfreundschaften enden mit der Schulzeit allmählich. Man verliert sich aus den Augen, der Kontakt bleibt ausschließlich über die sozialen Netzwerke bestehen oder reduziert sich auf die jährlichen Klassentreffen. Der Wunsch den anderen zu sehen, lässt oft nach, weil neue Menschen und Herausforderungen in den Vordergrund rücken.

Durch die Ganztagsschulen laufen Schülerinnen und Schüler Gefahr, dass ihr gesamter Lebensraum in die Schule verlagert wird. Ist die Schulzeit vorbei, bricht dieser Lebensraum weg. Bleibt ein anderer Freund als ein Schulfreund in der Nähe, vielleicht ein Sportsfreund oder jemand, mit dem man gemeinsam in einer Band musiziert hat, kann diese „außerschulische“ Freundschaft in der sensiblen Phase der Neuorientierung ein wichtiger „seelischer Anker“ sein. Entsprechend sollten Kinder und Jugendliche nicht nur Schulfreunde haben sondern möglichst auch mindestens einen Freund, mit dem man etwas Anderes teilt. Eine Schulfreundschaft kann auch bereits während der Schulzeit auf die freie Zeit ausgeweitet werden, wenn man sich darum bemüht und gemeinsame Interessen jenseits von Schule da sind.

Buch- und Linktipps

Buchtipps:

Hecht, Martin Wahre Freunde : Von der hohen Kunst der Freundschaft
Herder Spektrum 2014

De Saint-Exupéry, Antoine Freundschaft: Der Kleine Prinz – Die schönsten Zitate von Antoine des Saint-Exupéry
arsEdition 2011

Linktipp:

Im Webmagazin für Kinder zzzebra.de des Labbé Verlages finden Sie eine Sammlung von alten und neuen Poesiealbumsprüchen
http://www.labbe.de
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Über den Autor/die Autorin

Hildegard Dierks arbeitet seit vielen Jahren als Online-Autorin und Online-Redakteurin für verschiedene Zielgruppen, z.B. Eltern. Zu ihren Themenschwerpunkten zählen alle Themen rund um Grundschule, Fremdsprachenlernen, Musikerziehung, computergestütztes Lernen aber auch schulpolitische Themen.

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