Wie wichtig sind Sekundärtugenden in der Schule?
Entwicklung und Erziehung
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Wie wichtig sind Sekundärtugenden in der Schule?
von Hildegard Dierks
Fleiß, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Gehorsam, Treue und Zuverlässigkeit sind bekannte wichtige traditionelle
Sekundärtugenden.
Haben sie heute ausgedient? Nein, haben sie nicht. Das steht fest. Werden sie überhaupt in einer nennenswerten Weise
vernachlässigt oder ist das nur eine falsche Wahrnehmung? Wo und wie kann die Erziehung zu Sekundärtugenden heute
stattfinden? Was ist im Zusammenhang mit den Sekundärtugenden kritisch anzumerken?
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Fleiß, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Gehorsam, Treue und Zuverlässigkeit sind bekannte wichtige traditionelle
Sekundärtugenden.
Haben sie heute ausgedient? Nein, haben sie nicht. Das steht fest. Werden sie überhaupt in einer nennenswerten Weise
vernachlässigt oder ist das nur eine falsche Wahrnehmung? Wo und wie kann die Erziehung zu Sekundärtugenden heute
stattfinden? Was ist im Zusammenhang mit den Sekundärtugenden kritisch anzumerken?
Eine Berliner Grundschule in einem sozialen Brennpunkt der Stadt hat ein besonderes Profil. Dort, wo Kinder leben, denen nicht nur schlechte Leistungen anhaften sondern darüber hinaus auch noch schlechtes Benehmen, legt man besonderen Wert auf gutes Benehmen, Pünktlichkeit, Höflichkeit und Sauberkeit, auf das Einhalten und den Erwerb von Sekundärtugenden. Die Eltern, die ihr Kind an dieser Schule anmelden, haben sich bereit erklärt, die Schule bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Über Schulen, die sich um die Vermittlung von Sekundärtugenden bemühen, wird immer häufiger in den Medien berichtet. Sie sind etwas Besonderes.
Der Bedarf an der Vermittlung und Umsetzung von Sekundärtugenden scheint groß zu sein, nicht nur in den Schulen unseres Landes sondern auch in börsendotierten Großunternehmen. In der Zeitung "Die Zeit" war im Mai 2014 zu lesen, dass die Investmentbanker der Deutschen Bank weltweit in einem Video dazu aufgerufen werden, sich unverzüglich auch intern um eine niveauvolle Sprache zu bemühen, um den Ruf der Bank zu gewährleisten. Schlechtes Benehmen und eine niveaulose Sprache gilt als unprofessionell.
Es mangelt anscheinend an Sekundärtugenden in unserer modernen Welt der Börsen, Internetmedien und Werbung. Vermutlich werden sie deshalb so heftig eingefordert.
In unseren Vergleichsarbeiten, die die Kompetenzen unserer Schülerinnen und Schüler ermitteln sollen, werden Fähigkeiten wie Pünktlichkeit und gutes Benehmen nicht abgefragt.
Gelingt es an einer Schule im besonderen Maße Sekundärtugenden zu vermitteln, kann sich eine Schule heute stattdessen damit profilieren. Bekenntnisschulen, die sich traditionell besonders um eine Werteerziehung bemühen, haben hohe Anmeldequoten
Möglichweise muss der Kanon an Sekundärtugenden heute im Vergleich zu früher erweitert werden. Es reicht nicht mehr aus, nur gehorsam und pünktlich zu sein, die Verantwortung Autoritäten zu überlassen. In unserer demokratischen Gesellschaft brauchen unsere Schülerinnen und Schüler die Bereitschaft, Regeln aus Einsicht anzuerkennen. Schülerinnen und Schüler müssen auch die Fähigkeit erwerben, taugliche Regeln selbst zu finden und zu formulieren, wenn die bestehenden Regeln nicht mehr ausreichen. Die Fähigkeit gehorsam zu sein, muss deshalb ergänzt werden durch die Fähigkeit, Lösungen zu suchen für Situationen, für die es kein Kommando und keine Anweisung gibt. Bevor Kinder allerdings die komplizierten und schwierigen Herausforderungen der Sekundärtugenden meistern müssen, sollten sie im Vertrauen darauf, dass ihre Eltern und Lehrer Regeln für sie schaffen, denen sie folgen können, beginnen können.
Die Vermittlung von Sekundärtugenden ist stärker als die Wissensvermittlung eine gemeinsame Aufgabe sowohl von Eltern als auch von Lehrern. Sie findet im Elternhaus und gleichzeitig auch in der Schule statt.
Eltern dürfen ihr Recht und ihre Pflicht zur Erziehung nicht vernachlässigen und moderne Schule ihren Erziehungsauftrag nicht als unzumutbare Belastung ablehnen. Gerade der Faktor Zeit spielt bei der Vermittlung von Sekundärtugenden eine wichtige Rolle. Der Wert von Sekundärtugenden muss in Ruhe erlebt werden mit Eltern und Lehrer als Vorbild. Wenn Erwachsene zwar im besten Fall pünktlich erscheinen, aber dann unentwegt darüber reden, was sie für einen Stress haben und noch alles erledigen wollen, schmälern sie den Wert von Pünktlichkeit, der nicht zuletzt darin liegt, ein Problem gemeinsam und konzentriert zu einem bestimmten Zeitpunkt zu bearbeiten. Unpünktlichkeit an einer Stelle erzeugt Unpünktlichkeit an anderer Stelle und führt zu Problemen.
In Schulen mit einem Ganztagsbetrieb kommt der Vermittlung von Sekundärtugenden im Zusammenhang mit dem Erziehungsauftrags heute eine größere Rolle zu als in Schulen mit einem Halbtagsangebot. Ganztagsschülerinnen und -schüler verbringen einen großen Teil des Tages - ähnlich wie Internatsschüler - in der Schule. Es ist ihr Lebensraum.
Entsprechend werden Schulordnungen, die konkrete Regeln zu den Sekundärtugenden enthalten, immer wichtiger. Diese Schulordnungen geraten allerdings - wenn sie überhaupt bekannt sind - bei Schülerinnen und Schüler leicht in Vergessenheit. Für ein gutes Miteinander im Schulleben lohnt es Schülerinnen und Schülern diese Schulordnung beispielweise in Klassenkonferenzen oder durch Hinweisschilder in Erinnerung zu rufen.
In der Schulordnung finden sich z.B. Hinweise wie man sich auf der Schultoilette verhält, in den Gängen und auf dem Schulhof. In Ganztagsschulen sind die gemeinsamen Mahlzeiten noch wichtiger als früher das gemeinsam verzehrte Pausenbrot. Benehmen bei den Mahlzeiten d.h. kein Rülpsen, Schmatzen, Herumschreien beim Essen oder Herumspielen mit dem Essen muss immer wieder in Erinnerung gerufen werden. Auch wenn Kinder die Regeln nicht immer einhalten, ist die beständige Ausrichtung an ihnen unerlässlich und wichtig.
Wie soll das Arbeits- und Sozialverhalten eines Schülers dargestellt werden? Diese Frage stellt sich unmittelbar im Zusammenhang mit unseren Sekundärtugenden. Darüber gab es viel bildungspolitischen Streit. In manchen Bundesländern erscheinen Kopfnoten zum Arbeitsverhalten noch. Anmerkungen zum Arbeits- und Sozialverhalten finden sich vor allem in vielen Wortgutachten oder Ankreuzzeugnissen der Grundschülerinnen und Grundschüler. Für ältere Schülerinnen und Schülern gilt häufig, dass das Arbeits- und Sozialverhalten und andere Sekundärtugenden mit in die Vergabe der Punktezahl oder eine Zensur einfließt und nicht ausdrücklich erwähnt wird. Besonderes Engagement wird gelegentlich angemerkt, z.B. die Teilnahme am Schulorchester. Nachteilig an dieser Vorgehensweise ist, dass diese indirekte Beurteilung außerhalb von Schule nicht von allen verstanden wird. Es ist nicht einfach für ältere Schülerinnen und Schüler sich mit Tugenden zu profilieren. Ein mittelmäßiger Schulabgänger, der sich aber durch Pünktlichkeit und das Einhalten von Regeln hervortut, hat sicher bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als eine Schülerin, die diese Attribute nicht zeigt. Außerhalb von Schule sind die alten umgangssprachlichen Begriffe für Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit oder Höflichkeit in einigen Berufsgruppen z.B. im Handwerk immer noch positiv besetzt und bekannt.
Fehlt es an Tugenden wie Höflichkeit, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit oder sportlicher Fairness sind Konflikte vorprogrammiert und ist schlechtes Benehmen nicht weit.
Die Facetten der Vermittlung von Tugenden sind breit und keineswegs immer freudlos. Neben einer Auseinandersetzung mit den Regeln der Schulordnung, kann man darüber hinaus beispielsweise in einer AG "Gutes Benehmen" für Sekundärtugenden u.a. mit Rollenspielen sensibilisieren. Ein wichtiges Thema im modernen Benimmunterricht sind Situationen zur Handy-Nutzung.
Bedenkt man wie beliebt Kochsendungen im TV bei Jung und Alt sind, beschäftigen sich Kinder und Jugendliche beim gemeinsamen Kochen vermutlich gern mit Tischsitten. Wer selbst gekocht hat, mag es nicht, wenn beim Essen geschmatzt und gerülpst wird.
Mannschaftssportarten waren früher und sind auch heute noch geeignet, um Tugenden wie Fairness, Gemeinschaftsinn, Verlieren können und Durchhaltevermögen zu erleben und zu trainieren.
Das Wort "Tugend" wirkt angestaubt und stammt aus vordemokratischen Zeiten. Mädchen sollten früher sittsam und bescheiden sein, Jungen Sportsgeist haben sowie gute Kameraden sein. In moderner Pädagogik und Demokratie sprechen wir von Sozialverhalten, Wertevermittlung, von sog. weichen Fähigkeiten oder emotionaler Intelligenz. Was darunter im Einzelnen genau zu verstehen ist, bleibt vielen Nicht-Experten unverständlich. Vermutlich kommt im täglichen Schulbetrieb die Vermittlung von Tugenden aus Zeitmangel tatsächlich gelegentlich zu kurz, aber der Erziehungsauftrag und die Vermittlung von Sekundärtugenden wird auch nicht so sehr vernachlässigt, wie es manchmal scheint.
Alle profitieren in der Schule davon, wenn Sekundärtugenden öfter an den Tag gelegt werden. Wenn wir uns also um die Vermittlung von Sekundärtugenden in Schule und Unterricht bemühen, bemühen sich Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler um die Qualität ihres eigenen Lebens- und Arbeitsraumes. Schülerinnen und Schüler zeigen Sekundärtugenden vor allem dann zuverlässig und gern, wenn es um etwas geht, was ihnen wichtig ist.
Tugendterror oder Tugendwahn aus Großmutters Zeiten gibt es immer noch. Er kommt in unsere Schulen aus extremen, religiös-politische Gruppen. Diesen Extremisten dürfen wir die junge Generation nicht überlassen, wenn sich junge Leute nach positiver Orientierung sehnen. Warum moderne Formen des Tugendterrors, z.B. der Internetpranger oder Kampagnenjournalismus, bei vielen Menschen so viel Anklang findet, müssen wir kritisch hinterfragen.
Linktipp:
Knigge für junge Leute
&Raquo; www.schule-bw.dePDF zum Download
Buchtipps:
Eiko Jürgens Werte-Erziehung: Einführung in die wichtigsten Konzepte der Werteerziehung (Beltz Pädagogik / BildungsWissen Lehramt). Beltz Verlag 2005
Shima Poostchi Tugendkarten für Kinder: 52 Tugenden für Kinder. Shira Publishing 2012
Förderung von Sekundärtugenden
Eine Berliner Grundschule in einem sozialen Brennpunkt der Stadt hat ein besonderes Profil. Dort, wo Kinder leben, denen nicht nur schlechte Leistungen anhaften sondern darüber hinaus auch noch schlechtes Benehmen, legt man besonderen Wert auf gutes Benehmen, Pünktlichkeit, Höflichkeit und Sauberkeit, auf das Einhalten und den Erwerb von Sekundärtugenden. Die Eltern, die ihr Kind an dieser Schule anmelden, haben sich bereit erklärt, die Schule bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Über Schulen, die sich um die Vermittlung von Sekundärtugenden bemühen, wird immer häufiger in den Medien berichtet. Sie sind etwas Besonderes.
Der Bedarf an der Vermittlung und Umsetzung von Sekundärtugenden scheint groß zu sein, nicht nur in den Schulen unseres Landes sondern auch in börsendotierten Großunternehmen. In der Zeitung "Die Zeit" war im Mai 2014 zu lesen, dass die Investmentbanker der Deutschen Bank weltweit in einem Video dazu aufgerufen werden, sich unverzüglich auch intern um eine niveauvolle Sprache zu bemühen, um den Ruf der Bank zu gewährleisten. Schlechtes Benehmen und eine niveaulose Sprache gilt als unprofessionell.
Es mangelt anscheinend an Sekundärtugenden in unserer modernen Welt der Börsen, Internetmedien und Werbung. Vermutlich werden sie deshalb so heftig eingefordert.
In unseren Vergleichsarbeiten, die die Kompetenzen unserer Schülerinnen und Schüler ermitteln sollen, werden Fähigkeiten wie Pünktlichkeit und gutes Benehmen nicht abgefragt.
Gelingt es an einer Schule im besonderen Maße Sekundärtugenden zu vermitteln, kann sich eine Schule heute stattdessen damit profilieren. Bekenntnisschulen, die sich traditionell besonders um eine Werteerziehung bemühen, haben hohe Anmeldequoten
Sekundärtugenden im Wandel der Zeit
Möglichweise muss der Kanon an Sekundärtugenden heute im Vergleich zu früher erweitert werden. Es reicht nicht mehr aus, nur gehorsam und pünktlich zu sein, die Verantwortung Autoritäten zu überlassen. In unserer demokratischen Gesellschaft brauchen unsere Schülerinnen und Schüler die Bereitschaft, Regeln aus Einsicht anzuerkennen. Schülerinnen und Schüler müssen auch die Fähigkeit erwerben, taugliche Regeln selbst zu finden und zu formulieren, wenn die bestehenden Regeln nicht mehr ausreichen. Die Fähigkeit gehorsam zu sein, muss deshalb ergänzt werden durch die Fähigkeit, Lösungen zu suchen für Situationen, für die es kein Kommando und keine Anweisung gibt. Bevor Kinder allerdings die komplizierten und schwierigen Herausforderungen der Sekundärtugenden meistern müssen, sollten sie im Vertrauen darauf, dass ihre Eltern und Lehrer Regeln für sie schaffen, denen sie folgen können, beginnen können.
Schulordnungen
Die Vermittlung von Sekundärtugenden ist stärker als die Wissensvermittlung eine gemeinsame Aufgabe sowohl von Eltern als auch von Lehrern. Sie findet im Elternhaus und gleichzeitig auch in der Schule statt.
Eltern dürfen ihr Recht und ihre Pflicht zur Erziehung nicht vernachlässigen und moderne Schule ihren Erziehungsauftrag nicht als unzumutbare Belastung ablehnen. Gerade der Faktor Zeit spielt bei der Vermittlung von Sekundärtugenden eine wichtige Rolle. Der Wert von Sekundärtugenden muss in Ruhe erlebt werden mit Eltern und Lehrer als Vorbild. Wenn Erwachsene zwar im besten Fall pünktlich erscheinen, aber dann unentwegt darüber reden, was sie für einen Stress haben und noch alles erledigen wollen, schmälern sie den Wert von Pünktlichkeit, der nicht zuletzt darin liegt, ein Problem gemeinsam und konzentriert zu einem bestimmten Zeitpunkt zu bearbeiten. Unpünktlichkeit an einer Stelle erzeugt Unpünktlichkeit an anderer Stelle und führt zu Problemen.
In Schulen mit einem Ganztagsbetrieb kommt der Vermittlung von Sekundärtugenden im Zusammenhang mit dem Erziehungsauftrags heute eine größere Rolle zu als in Schulen mit einem Halbtagsangebot. Ganztagsschülerinnen und -schüler verbringen einen großen Teil des Tages - ähnlich wie Internatsschüler - in der Schule. Es ist ihr Lebensraum.
Entsprechend werden Schulordnungen, die konkrete Regeln zu den Sekundärtugenden enthalten, immer wichtiger. Diese Schulordnungen geraten allerdings - wenn sie überhaupt bekannt sind - bei Schülerinnen und Schüler leicht in Vergessenheit. Für ein gutes Miteinander im Schulleben lohnt es Schülerinnen und Schülern diese Schulordnung beispielweise in Klassenkonferenzen oder durch Hinweisschilder in Erinnerung zu rufen.
In der Schulordnung finden sich z.B. Hinweise wie man sich auf der Schultoilette verhält, in den Gängen und auf dem Schulhof. In Ganztagsschulen sind die gemeinsamen Mahlzeiten noch wichtiger als früher das gemeinsam verzehrte Pausenbrot. Benehmen bei den Mahlzeiten d.h. kein Rülpsen, Schmatzen, Herumschreien beim Essen oder Herumspielen mit dem Essen muss immer wieder in Erinnerung gerufen werden. Auch wenn Kinder die Regeln nicht immer einhalten, ist die beständige Ausrichtung an ihnen unerlässlich und wichtig.
Kopfnoten
Wie soll das Arbeits- und Sozialverhalten eines Schülers dargestellt werden? Diese Frage stellt sich unmittelbar im Zusammenhang mit unseren Sekundärtugenden. Darüber gab es viel bildungspolitischen Streit. In manchen Bundesländern erscheinen Kopfnoten zum Arbeitsverhalten noch. Anmerkungen zum Arbeits- und Sozialverhalten finden sich vor allem in vielen Wortgutachten oder Ankreuzzeugnissen der Grundschülerinnen und Grundschüler. Für ältere Schülerinnen und Schülern gilt häufig, dass das Arbeits- und Sozialverhalten und andere Sekundärtugenden mit in die Vergabe der Punktezahl oder eine Zensur einfließt und nicht ausdrücklich erwähnt wird. Besonderes Engagement wird gelegentlich angemerkt, z.B. die Teilnahme am Schulorchester. Nachteilig an dieser Vorgehensweise ist, dass diese indirekte Beurteilung außerhalb von Schule nicht von allen verstanden wird. Es ist nicht einfach für ältere Schülerinnen und Schüler sich mit Tugenden zu profilieren. Ein mittelmäßiger Schulabgänger, der sich aber durch Pünktlichkeit und das Einhalten von Regeln hervortut, hat sicher bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als eine Schülerin, die diese Attribute nicht zeigt. Außerhalb von Schule sind die alten umgangssprachlichen Begriffe für Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit oder Höflichkeit in einigen Berufsgruppen z.B. im Handwerk immer noch positiv besetzt und bekannt.
Benimmunterricht, Streitschlichterprogramme und Mannschaftssport
Fehlt es an Tugenden wie Höflichkeit, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit oder sportlicher Fairness sind Konflikte vorprogrammiert und ist schlechtes Benehmen nicht weit.
Die Facetten der Vermittlung von Tugenden sind breit und keineswegs immer freudlos. Neben einer Auseinandersetzung mit den Regeln der Schulordnung, kann man darüber hinaus beispielsweise in einer AG "Gutes Benehmen" für Sekundärtugenden u.a. mit Rollenspielen sensibilisieren. Ein wichtiges Thema im modernen Benimmunterricht sind Situationen zur Handy-Nutzung.
Bedenkt man wie beliebt Kochsendungen im TV bei Jung und Alt sind, beschäftigen sich Kinder und Jugendliche beim gemeinsamen Kochen vermutlich gern mit Tischsitten. Wer selbst gekocht hat, mag es nicht, wenn beim Essen geschmatzt und gerülpst wird.
Streitschlichterprogramme und Antimobbingprogramme
stehen ebenfalls in einem engen Zusammenhang zu einer modernen Vermittlung von Sekundärtugenden.Mannschaftssportarten waren früher und sind auch heute noch geeignet, um Tugenden wie Fairness, Gemeinschaftsinn, Verlieren können und Durchhaltevermögen zu erleben und zu trainieren.
Kommentar
Das Wort "Tugend" wirkt angestaubt und stammt aus vordemokratischen Zeiten. Mädchen sollten früher sittsam und bescheiden sein, Jungen Sportsgeist haben sowie gute Kameraden sein. In moderner Pädagogik und Demokratie sprechen wir von Sozialverhalten, Wertevermittlung, von sog. weichen Fähigkeiten oder emotionaler Intelligenz. Was darunter im Einzelnen genau zu verstehen ist, bleibt vielen Nicht-Experten unverständlich. Vermutlich kommt im täglichen Schulbetrieb die Vermittlung von Tugenden aus Zeitmangel tatsächlich gelegentlich zu kurz, aber der Erziehungsauftrag und die Vermittlung von Sekundärtugenden wird auch nicht so sehr vernachlässigt, wie es manchmal scheint.
Alle profitieren in der Schule davon, wenn Sekundärtugenden öfter an den Tag gelegt werden. Wenn wir uns also um die Vermittlung von Sekundärtugenden in Schule und Unterricht bemühen, bemühen sich Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler um die Qualität ihres eigenen Lebens- und Arbeitsraumes. Schülerinnen und Schüler zeigen Sekundärtugenden vor allem dann zuverlässig und gern, wenn es um etwas geht, was ihnen wichtig ist.
Tugendterror oder Tugendwahn aus Großmutters Zeiten gibt es immer noch. Er kommt in unsere Schulen aus extremen, religiös-politische Gruppen. Diesen Extremisten dürfen wir die junge Generation nicht überlassen, wenn sich junge Leute nach positiver Orientierung sehnen. Warum moderne Formen des Tugendterrors, z.B. der Internetpranger oder Kampagnenjournalismus, bei vielen Menschen so viel Anklang findet, müssen wir kritisch hinterfragen.
Buch- und Linktipps
Linktipp:
Knigge für junge Leute
&Raquo; www.schule-bw.dePDF zum Download
Buchtipps:
Eiko Jürgens Werte-Erziehung: Einführung in die wichtigsten Konzepte der Werteerziehung (Beltz Pädagogik / BildungsWissen Lehramt). Beltz Verlag 2005
Shima Poostchi Tugendkarten für Kinder: 52 Tugenden für Kinder. Shira Publishing 2012
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Über den Autor/die Autorin
Hildegard Dierks arbeitet seit vielen Jahren als Online-Autorin und Online-Redakteurin für verschiedene Zielgruppen, z.B. Eltern. Zu ihren Themenschwerpunkten zählen alle Themen rund um Grundschule, Fremdsprachenlernen, Musikerziehung, computergestütztes Lernen aber auch schulpolitische Themen.