Wenn Mädchen schlagen - Das Phänomen Mädchengewalt
Entwicklung und Erziehung
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Wenn Mädchen schlagen - Das Phänomen Mädchengewalt
Wie kommt es, dass Mädchen prügeln und schlagen? Erfahren Sie hier mehr über dieses Phänomen, dem Erwachsene oft ralos gegenüberstehen.
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4 min
Die Gewaltbereitschaft...
...steigt!
Sie nennen sich "Powergirls", "Killer-Babies" oder "Queens" - Mädchenbanden, die sich in städtischen Vororten und Vierteln auch mit Gewalt den nötigen Respekt schaffen. Selbstbewusst treten sie auf und lassen sich nichts gefallen: Wer Ärger haben will, bekommt ihn. Und so wird in den Medien immer wieder über gewalttättige Mädchen berichtet, die auf dem Schulhof Klassenkameraden verprügeln, in Parks und Straßen umherziehen und auf Konfrontationssuche sind. Was ist bloß mit der Jugend los, denken nun viele Erwachsene und stehen dem Phänomen Mädchengewalt ratlos gegenüber. Wie kommt es, dass plötzlich Mädchen prügeln und schlagen?
Auch wenn die Berichterstattung in den Medien vereinzelt den Eindruck erweckt, es wachse eine neue Generation junger, aggressiver Frauen heran: Mädchengewalt ist gegenüber Jungengewalt immer noch in der Minderheit. 78,9 Prozent aller Tatverdächtigen unter 21 Jahren sind laut aktueller Statistik des Bundeskriminalamtes Jungen, 21,1 Prozent Mädchen (Stand 2008).
Allerdings zeigt sich im Rückblick auf die Entwicklung der Mädchengewalt, dass heute mehr junge Frauen tatverdächtigt sind, als das noch vor zehn Jahren der Fall war (Anstieg ca. 20 Prozent).
Formen der Gewalt Gewalt bei Mädchen hat viele Gesichter. "Das größte Gewaltpotenzial bei Mdchen liegt nach wie vor nicht in der körperlichen Auseinandersetzung, sondern vielmehr im Bereich der psychischen Gewalt.
Hierzu zählen vorwiegend Ausgrenzung, üble Nachrede, Erpressung, Nötigung und ähnliche Mobbingstrategien", weiß Ulla Stöffler, Sozialarbeiterin aus Basel1.
Diese Formen der Auseinandersetzungen in Schule und Freundeskreis werden besonders von Mädchen gezielt eingesetzt, um sich Respekt zu verschaffen, Ängste zu überspielen und sich innerhalb von Gruppenstrukturen behaupten zu können.
Die körperliche Gewalt wird, laut Stöffler, als legitimes Mittel zur Konfliktlösung eingesetzt, wenn:
Quellen:
1 Decurtins, Lu (Hrsg.): Vom Puppenhaus in die Welt hinaus.
Was Eltern über Mädchen wissen müssen. Orell Füssli Verlag, Zürich 2006.
Mädchen... ...haben es auch nicht leicht! Die Probleme und Beweggründe, die Mädchen zu gewalttätigem Verhalten führen, sind ähnlich wie bei Jungen.
Mit Beginn der Pubertät fühlen sich Mädchen gegenüber der Vielzahl von Rollenerwartungen überfordert. Von überall lächeln in Zeitschriften und TV schöne, starke, junge Frauen, die scheinbar mühelos durchs Leben wandern. Das perfekte Äußere, eine perfekte Karriere, dazu noch der Traumpartner und das Leben mit Kindern - die moderne Frau schafft das alles spielend. Kein Wunder, dass junge Mädchen sich sorgen: "Wie werde ich diesen ganzen Anforderungen gerecht werden? Schaffe ich das überhaupt?"
Zwischen Körperwachstum, Hormonschüben, Zukunftsfragen und Rollenvorbildern müssen die jungen Mädchen ein Selbstbewusstsein entwickeln, sich ihren eigenen Stand in der Gesellschaft suchen - eine Aufgabe, die nicht selten überfordert.
So resümiert auch Sozialarbeiterin Ulla Stöffler:
"Überall wird den jungen Frauen suggeriert, dass Schwächen in unserer modernen Leistungsgesellschaft nicht geduldet werden. Eindimensionale, stereotype Vorbilder engen die Mädchen ein und haben häufig eine ambivalente Wirkung. Zum einen wollen die Mädchen dem Ideal entsprechen, zum anderen fühlen sie sich durch dieses verunsichert, auf ein Klischee reduziert und je nachdem auch ausgegrenzt. Eigene Schwächen werden mit einem "Looser"-Image assoziiert, das notfalls auch mit Gewalt abgewehrt wird, um in der Außenwelt zu bestehen."1
Quellen:
1 Decurtins, Lu (Hrsg.): Vom Puppenhaus in die Welt hinaus.
Was Eltern über Mädchen wissen müssen. Orell Füssli Verlag, Zürich 2006.
Was Eltern tun können Wenn Ihre Tochter zu Gewalttätigkeit neigt, vielleicht in der Schule auffällig geworden ist oder öfter mit Schrammen nach Hause kommt, dann gilt es nachzufragen und ruhig zu bleiben. Schimpftiraden nützen nun wenig.
Ihre Tochter hat Probleme, die es konstruktiv zu lösen gilt:
Nähe schafft Vertrauen und Sicherheit.
Auch wenn Ihre Tochter schon mehr oder weniger ihre eigenen Wege geht und Ihnen oft nur wenig Beachtung schenkt: Zeigen Sie Ihr, dass Sie da sind, Interesse an Ihren Tätigkeiten, Hobbys und Freunden haben, kurz: Schenken Sie Liebe, Aufmerksamkeit und Zuwendung, die besten Mittel für eine gelingende Beziehung zu Ihrem Kind.
Um festzustellen, ob tatsächlich ein starkes Band zwischen Ihnen und Ihrer Tochter besteht, seien Sie doch mal ganz ehrlich zu sich selbst: Was wissen Sie konkret über Ihre Tochter? Welche Musikgruppen hört sie gerade? Welches ist ihr Lieblingsschulfach? Welche Sorgen und Probleme plagen sie?
Tipps... ...zur Gewaltprävention Tipps zur Gewaltprävention:
Auch wenn die Berichterstattung in den Medien vereinzelt den Eindruck erweckt, es wachse eine neue Generation junger, aggressiver Frauen heran: Mädchengewalt ist gegenüber Jungengewalt immer noch in der Minderheit. 78,9 Prozent aller Tatverdächtigen unter 21 Jahren sind laut aktueller Statistik des Bundeskriminalamtes Jungen, 21,1 Prozent Mädchen (Stand 2008).
Allerdings zeigt sich im Rückblick auf die Entwicklung der Mädchengewalt, dass heute mehr junge Frauen tatverdächtigt sind, als das noch vor zehn Jahren der Fall war (Anstieg ca. 20 Prozent).
Formen der Gewalt Gewalt bei Mädchen hat viele Gesichter. "Das größte Gewaltpotenzial bei Mdchen liegt nach wie vor nicht in der körperlichen Auseinandersetzung, sondern vielmehr im Bereich der psychischen Gewalt.
Hierzu zählen vorwiegend Ausgrenzung, üble Nachrede, Erpressung, Nötigung und ähnliche Mobbingstrategien", weiß Ulla Stöffler, Sozialarbeiterin aus Basel1.
Diese Formen der Auseinandersetzungen in Schule und Freundeskreis werden besonders von Mädchen gezielt eingesetzt, um sich Respekt zu verschaffen, Ängste zu überspielen und sich innerhalb von Gruppenstrukturen behaupten zu können.
Die körperliche Gewalt wird, laut Stöffler, als legitimes Mittel zur Konfliktlösung eingesetzt, wenn:
- Beleidigungen gegen die eigene Person, gegen Familie oder Freunde ausgesprochen werden
- Starke Konkurrenzängste vorliegen (z. B. der Streit um einen Jungen oder den eigenen Freund)
- Das Mädchen Solidarität mit bestimmten Personen aufzeigen will
- Ein körperlicher Angriff abgewehrt werden muss/soll
- Die Darstellung der eigenen Macht gegenüber Dritten notwendig ist
- Das Mädchen sich schützen muss, um nicht selbst Opfer zu werden
Quellen:
1 Decurtins, Lu (Hrsg.): Vom Puppenhaus in die Welt hinaus.
Was Eltern über Mädchen wissen müssen. Orell Füssli Verlag, Zürich 2006.
Mädchen... ...haben es auch nicht leicht! Die Probleme und Beweggründe, die Mädchen zu gewalttätigem Verhalten führen, sind ähnlich wie bei Jungen.
Mit Beginn der Pubertät fühlen sich Mädchen gegenüber der Vielzahl von Rollenerwartungen überfordert. Von überall lächeln in Zeitschriften und TV schöne, starke, junge Frauen, die scheinbar mühelos durchs Leben wandern. Das perfekte Äußere, eine perfekte Karriere, dazu noch der Traumpartner und das Leben mit Kindern - die moderne Frau schafft das alles spielend. Kein Wunder, dass junge Mädchen sich sorgen: "Wie werde ich diesen ganzen Anforderungen gerecht werden? Schaffe ich das überhaupt?"
Zwischen Körperwachstum, Hormonschüben, Zukunftsfragen und Rollenvorbildern müssen die jungen Mädchen ein Selbstbewusstsein entwickeln, sich ihren eigenen Stand in der Gesellschaft suchen - eine Aufgabe, die nicht selten überfordert.
So resümiert auch Sozialarbeiterin Ulla Stöffler:
"Überall wird den jungen Frauen suggeriert, dass Schwächen in unserer modernen Leistungsgesellschaft nicht geduldet werden. Eindimensionale, stereotype Vorbilder engen die Mädchen ein und haben häufig eine ambivalente Wirkung. Zum einen wollen die Mädchen dem Ideal entsprechen, zum anderen fühlen sie sich durch dieses verunsichert, auf ein Klischee reduziert und je nachdem auch ausgegrenzt. Eigene Schwächen werden mit einem "Looser"-Image assoziiert, das notfalls auch mit Gewalt abgewehrt wird, um in der Außenwelt zu bestehen."1
Quellen:
1 Decurtins, Lu (Hrsg.): Vom Puppenhaus in die Welt hinaus.
Was Eltern über Mädchen wissen müssen. Orell Füssli Verlag, Zürich 2006.
Was Eltern tun können Wenn Ihre Tochter zu Gewalttätigkeit neigt, vielleicht in der Schule auffällig geworden ist oder öfter mit Schrammen nach Hause kommt, dann gilt es nachzufragen und ruhig zu bleiben. Schimpftiraden nützen nun wenig.
Ihre Tochter hat Probleme, die es konstruktiv zu lösen gilt:
- Suchen Sie das Gespräch: Warum bist du gewalttätig geworden? Was ist genau passiert? Lassen Sie Ihre Tochter ausreden und greifen Sie nicht wertend ein.
- Versuchen Sie, gemeinsam die Situation zu analysieren: Ist der Einsatz von Gewalt wirklich ein gutes Mittel zur Konfliktlösung? Welche Alternativen stehen offen?
- Erziehungsberatungsstellen (http://www.bke.de) bieten Eltern externe Hilfe und Unterstützung.
- Bedenken Sie auch Ihr eigenes Verhalten. Wie reagieren Sie in Stresssituationen? Wie gehen Sie mit Druck und Konflikten um? Werden Konflikte in Ihrer Familie in gemeinsamen Gesprächen friedlich gelöst?
Nähe schafft Vertrauen und Sicherheit.
Auch wenn Ihre Tochter schon mehr oder weniger ihre eigenen Wege geht und Ihnen oft nur wenig Beachtung schenkt: Zeigen Sie Ihr, dass Sie da sind, Interesse an Ihren Tätigkeiten, Hobbys und Freunden haben, kurz: Schenken Sie Liebe, Aufmerksamkeit und Zuwendung, die besten Mittel für eine gelingende Beziehung zu Ihrem Kind.
Um festzustellen, ob tatsächlich ein starkes Band zwischen Ihnen und Ihrer Tochter besteht, seien Sie doch mal ganz ehrlich zu sich selbst: Was wissen Sie konkret über Ihre Tochter? Welche Musikgruppen hört sie gerade? Welches ist ihr Lieblingsschulfach? Welche Sorgen und Probleme plagen sie?
Tipps... ...zur Gewaltprävention Tipps zur Gewaltprävention:
- Zeigen Sie Interesse an den Filmen, die ihre Tochter schaut, an Büchern und Computerspielen. Wenn dort Gewalt auftaucht: Wie erlebt und bewertet Ihre Tochter diese Gewaltszenen?
- Stärken Sie Ihrer Tochter den Rücken, in dem Sie auch in schwierigen Lebenssituationen uneingeschränkt für sie da sind. Zeigen Sie Verständnis für altersbezogene Nöte und Ängste. Suchen Sie gemeinsam nach guten Lösungen. So erfährt Ihr Kind Liebe und Rückhalt. Gewaltbereite Mädchen fühlen sich oft als Einzelkämpfer.
- Seien Sie nicht zu streng bei Wünschen bzgl. Ausgangszeiten, Kleidung, Make-up. Gerade bei Mädchen haben diese Dinge und Freiheiten einen hohen Stellenwert für Ihren Status in der Clique. Um eine gute Richtlinie und verbindliche Grenze zu finden, können Sie sich an Klassenkameradinnen orientieren: Welche Mode ist gerade angesagt? Wie lange dürfen die anderen Mädchen weggehen?
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Themen:
Mädchengewalt
Gewaltprävention
Sozialkompetenz
Konfliktlösung