Zuwanderer in Deutschland

Entwicklung und Erziehung
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Deutschland genießt weltweit hohes Ansehen und ist ein beliebtes Einwanderungsland. Doch wie wohl fühlen sich Einwanderer in Deutschland?
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Gutes Zeugnis für Deutschland Eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zeigt: Die meisten Zuwanderer vertrauen dem deutschen Staat und leben gerne hier. Allerdings fühlen sich viele Zuwanderer in Deutschland nicht wirklich anerkannt. Besonders ungleiche Chancen in der Schule werden bemängelt.

Deutschland genießt weltweit hohes Ansehen und ist ein beliebtes Einwanderungsland. Tatsächlich fühlen sich die meisten Zuwanderer in Deutschland auch dauerhaft wohl und heimisch, dies belegt eine repräsentative Umfrage der Bertelsmann Stiftung, die vom Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt wurde.

Das Vertrauen in den deutschen Staat, in Politik, Behörden und Bildungseinrichtungen ist bei Migranten groß - größer als bei den Deutschen selbst.

Allerdings zeigt die Studie auch: Fast die Hälfte der Migranten beklagt mangelnde Anerkennung, man fühlt sich in Deutschland nicht wirklich willkommen. Dieses Gefühl betrifft vor allem Menschen aus der Türkei und Russland.

7 von 10 sind zufrieden Die guten Nachrichten zuerst: Nach den Ergebnissen der Studie fühlen sich über knapp 70 Prozent der Zuwanderer in Deutschland gut aufgehoben und wohl. 79 Prozent der Zuwanderer sind mit ihrer Arbeit zufrieden, 77 Prozent auch mit der derzeitigen Wohnsituation.

Nicht nur das: 58 Prozent der Migranten betrachten sich als Teil der deutschen Gesellschaft, lediglich fünf Prozent aller Befragten gaben an, sich in unseren Landen überhaupt nicht zugehörig zu fühlen.

Während die Deutschen selbst gerne den Zustand der Institutionen beklagen, haben die Migranten großes Vertrauen in Politik, Behörden und Bildungseinrichtungen. 80 Prozent der Zuwanderer vertrauen den Gesetzen, in der Gesamtbevölkerung sind es nur 58 Prozent.

Flexible Kulturen Migranten wünschen sich mehrheitlich ihre Herkunft mit der neuen Heimat verbinden zu können. Sie möchten sich nicht nur für eine Kultur entscheiden müssen. 41 Prozent fühlen sich Deutschland und ihrem Heimatland gleichermaßen verbunden. In dieser doppelten Verbundenheit sehen die meisten Zuwanderer einen Vorteil und eine Bereicherung ihres Lebens und nicht - wie oft vermutet - einen Identitätskonflikt.

Rund 70 Prozent möchten die Werte und Traditionen aus ihrem Herkunftsland mit den Werten und Traditionen in Deutschland verbinden. Nur sieben Prozent der Migranten haben sich eine vollständige Assimilation als Ziel gesetzt.

Tatsächlich können sich die Deutschen im Blick auf kulturelle Vielfalt noch eine Scheibe von den Migranten abschneiden. Während sich bei den Zuwanderern rund 34 Prozent bereits als Europäer sehen, sind es in der gesamtdeutschen Bevölkerung nur 13 Prozent. Doch die Brücke zwischen alt und neu bringt auch Stolpersteine mit sich.

Ein Gefühl von Ablehnung Jeder Auswanderer wünscht sich, im neuen Heimatland gut aufgenommen und anerkannt zu werden. Tatsächlich fühlt sich aber rund die Hälfte der Migranten von den deutschen Mitbürgern nicht anerkannt, woran sicherlich die Verbundenheit zur Herkunftskultur entscheidend beiträgt (als Beispiel die Kopftuch-Debatte).

Besonders betroffen sind türkischstämmige Migranten (61 Prozent) und Zuwanderer aus Russland (55 Prozent). 24 Prozent der Türkischstämmigen fühlen sich sogar fremd in Deutschland, das gaben unter allen Befragten nur 14 Prozent der Migranten an.

Dr. Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung,
fordert deshalb mehr Integration: "Wenn auch noch mehr türkisch- und russischstämmige Zuwanderer sich heimisch in Deutschland fühlen sollen, brauchen sie mehr Anerkennung - und Chancen, die Zukunft unseres Landes mitgestalten zu können."

Um dies zu erreichen braucht es vor allem faire Bildungschancen für alle.

Probleme der Vereinbarkeit 42 Prozent der Zuwanderer glauben laut der Umfrage, dass ihre Kinder nicht die gleichen Bildungschancen wie ihre deutschen Klassenkameraden haben, etwa weil bei den Lehrern Vorurteile bestünden oder diese beim Umgang mit den Schülern aus Migrantenfamilien überfordert seien.

Dabei ist das Vertrauen in die deutsche Bildung insgesamt eigentlich sehr hoch bei den Migranten. Viele Eltern sehen die Ursache für Schulprobleme ihrer Kinder auch weniger bei den Schulen, als bei sich selbst, z.B. aufgrund fehlender Unterstützungsmöglichkeiten oder Sprachproblemen.

Immerhin 64 Prozent gaben ehrlich zu, dass sie zu Hause zu wenig Deutsch sprechen, vor allem weil sie sich wünschen, dass ihre Kinder auch die Sprache des Herkunftslandes beherrschen. Dieses "Brücken-Problem" zwischen alter und neuer Kultur bremst häufig die Integration.

Mehr frühzeitige Unterstützung, Aufklärung und Hilfestellung für Migranten seitens der Institutionen und Bildungseinrichtungen ist hier sicher sinnvoll.

Link zur Studie:
http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-96FF546C-F8922DBE/bst/xcms_bst_dms_28825_28831_2.pdf

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