Nachhilfeunterricht
Entwicklung und Erziehung
© Tomasz Trojanowski - Fotolia.de
Nachhilfeunterricht
von Dr. Lisa Mundzeck
Nachhilfeunterricht ist heutzutage nichts Außergewöhnliches mehr. Im Zuge des überall beklagten zunehmenden Leistungsdrucks in der Schule nehmen ihn – zumindest scheinbar – immer mehr Schülerinnen und Schüler in Anspruch.
Ist das tatsächlich so? Und wie hat sich die Thematik Nachhilfeunterricht in den letzten Jahren gewandelt?
Lesedauer:
3 min
Größere Nachfrage nach Nachhilfeunterricht?
Geht man nach den immer wieder aufkommenden aktuellen Debatten um Bildungs- und Schulpolitik, so müsste es eine immer größere Nachfrage nach Nachhilfeunterricht geben. Diverse schulpolitische Maßnahmen führten zu erhöhtem Leistungsdruck für die Kinder, dies wiederum habe einen stärkeren Nachhilfebedarf zur Folge, so der Tenor. Zum Beispiel ließ die Verkürzung des Gymnasiums um ein Jahr in vielen (westdeutschen) Bundesländern viele Leute eine Zunahme prophezeien.
Inwiefern ist das aber tatsächlich zutreffend? Wie viele Kinder nehmen tatsächlich Nachhilfe in Anspruch?
Eine Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, die 2008 unter dem Titel „Was wissen wir über Nachhilfe? Sachstand und Auswertung der Forschungsliteratur zu Angebot, Nachfrage und Wirkungen“ erschienen ist, hat das Phänomen Nachhilfe umfassend untersucht.
Nach dieser Studie ist von folgenden Zahlen auszugehen:
Zum Nutzen des Nachhilfeunterrichts fasst eine andere Studie von Synovate Kids+Teens/Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V.: Mit Nachhilfe kommt man weiter – Fakten zur Nachhilfesituation in Deutschland (2007) zusammen:
Veränderungen im Nachhilfebedarf zu früher Gab es Nachhilfeunterricht bereits im 19. Jahrhundert, so hat er sich nach der Studie von FiBS insbesondere in den 1960er und 70er Jahren schon einmal stark verändert. Das Bildungsniveau nahm zu, verlagerte sich und infolge dessen stieg der Nachhilfebedarf ebenfalls an. Sowohl Studenten als auch Lehrerinnen und Lehrer traten als Nachhilfelehrer auf.
Auffällig ist, dass sich laut der genannten Studie vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie im Besonderen die Motive für Nachhilfeunterricht geändert haben. Während es früher meistens darum ging, die Versetzung zu erreichen Klassenarbeiten zu bestehen oder den Schulabschluss nicht zu gefährden, nehmen heute auf der einen Seite auch immer mehr leistungsstarke Schülerinnen und Schüler Nachhilfe in Anspruch, um ihre Leistungen weiter zu steigern. Schlichte Notenverbesserung ist das Ziel. Vermutet wird aber auf der anderen Seite auch, dass immer mehr Kinder Nachhilfe benötigen, um den normalen schulischen Anforderungen zu entsprechen. Sie nehmen also nicht deswegen Nachhilfeunterricht, weil sie vorübergehend Hilfe brauchen, sondern weil sie generell den Anforderungen nur schwer gewachsen sind.
Die Studie von Synovate Kids+Teens/Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V. bestätigt diesen Trend:
Nach ihr war das Leistungsniveau der Kinder, die Nachhilfeunterricht aufnahmen, sehr unterschiedlich:
Bei 12 % ging es um die gefährdete Versetzung, die Noten lagen bei 5 bis 6.
50 % standen auf Note 4 bis 5.
Bei ca. jedem Dritten lagen die Noten bei 3 bis 4.
Bei immerhin 11 % der Nachhilfeschüler lagen die Noten auf einem guten Niveau bei 2 und 3.
Sind es also schon noch in der Mehrzahl die versetzungsgefährdeten oder leistungsschwächeren Kinder, die zum Nachhilfeunterricht gehen, so ist der Anteil der leistungsstarken Schülerinnen und Schüler mit Nachhilfeunterricht doch erstaunlich hoch (laut den Zahlen fast genauso hoch wie der der versetzungsgefährdeten Kinder).
Ursachenforschung: Woran liegt das? Gibt es tatsächlich eine immer mehr steigende Erwartungshaltung der Eltern an ihre Kinder?
Denn immerhin sind es zumeist die Eltern, auf deren Initiative der Nachhilfeunterricht genommen wird. Diskutiert und kritisiert wird in diesem Zusammenhang ja auch immer wieder das frühe Festlegen auf das Gymnasium. Die Fixierung auf die gymnasiale Schullaufbahn, die damit zusammenhängende Stigmatisierung der Hauptschule als Restschule - als das ist eng verknüpft mit den immer unsicherer werdenden Berufsaussichten der Kinder durch die heutige ungünstige Arbeitsmarktsituation.
Dass ein guter Schulabschluss in diesem Rahmen immer wichtiger wird, scheint offensichtlich und prägt die Schullaufbahn der Kinder oft schon von Klasse 1 an.
Literatur Zitierte Studien:
Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS):
Dieter Dohmen/Annegret Erbes/Kathrin Fuchs/Juliane Günzel: Was wissen wir über Nachhilfe? Sachstand und Auswertung der Forschungsliteratur zu Angebot, Nachfrage und Wirkungen.
Bielefeld 2008.
Synovate Kids+Teens/Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V.:
Mit Nachhilfe kommt man weiter - Fakten zur Nachhilfesituation in Deutschland.
München 2007
Inwiefern ist das aber tatsächlich zutreffend? Wie viele Kinder nehmen tatsächlich Nachhilfe in Anspruch?
Eine Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, die 2008 unter dem Titel „Was wissen wir über Nachhilfe? Sachstand und Auswertung der Forschungsliteratur zu Angebot, Nachfrage und Wirkungen“ erschienen ist, hat das Phänomen Nachhilfe umfassend untersucht.
Nach dieser Studie ist von folgenden Zahlen auszugehen:
- Jedes dritte bis vierte Kind nimmt im Laufe seiner Schulzeit Nachhilfeunterricht.
- In den westdeutschen Bundesländern nehmen mit 30% doppelt so viele Kinder Nachhilfe in Anspruch wie in den ostdeutschen Bundesländern mit 15%.
- Die Kosten für Nachhilfeunterricht betragen nach Schätzungen jedes Jahr rund eine Milliarde Euro (getragen von den Eltern).
- Geschätzt nehmen damit rund eine Million Schülerinnen und Schüler Nachhilfeunterricht.
Zum Nutzen des Nachhilfeunterrichts fasst eine andere Studie von Synovate Kids+Teens/Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V.: Mit Nachhilfe kommt man weiter – Fakten zur Nachhilfesituation in Deutschland (2007) zusammen:
- 82 % der Kinder, die Nachhilfe nehmen, sprechen von einer Leistungsverbesserung.
- 17 % sagen, dass ihre Leistungen zumindest stabil geblieben seien.
- Laut 1 % haben sich die Leistungen verschlechtert.
Veränderungen im Nachhilfebedarf zu früher Gab es Nachhilfeunterricht bereits im 19. Jahrhundert, so hat er sich nach der Studie von FiBS insbesondere in den 1960er und 70er Jahren schon einmal stark verändert. Das Bildungsniveau nahm zu, verlagerte sich und infolge dessen stieg der Nachhilfebedarf ebenfalls an. Sowohl Studenten als auch Lehrerinnen und Lehrer traten als Nachhilfelehrer auf.
Auffällig ist, dass sich laut der genannten Studie vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie im Besonderen die Motive für Nachhilfeunterricht geändert haben. Während es früher meistens darum ging, die Versetzung zu erreichen Klassenarbeiten zu bestehen oder den Schulabschluss nicht zu gefährden, nehmen heute auf der einen Seite auch immer mehr leistungsstarke Schülerinnen und Schüler Nachhilfe in Anspruch, um ihre Leistungen weiter zu steigern. Schlichte Notenverbesserung ist das Ziel. Vermutet wird aber auf der anderen Seite auch, dass immer mehr Kinder Nachhilfe benötigen, um den normalen schulischen Anforderungen zu entsprechen. Sie nehmen also nicht deswegen Nachhilfeunterricht, weil sie vorübergehend Hilfe brauchen, sondern weil sie generell den Anforderungen nur schwer gewachsen sind.
Die Studie von Synovate Kids+Teens/Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V. bestätigt diesen Trend:
Nach ihr war das Leistungsniveau der Kinder, die Nachhilfeunterricht aufnahmen, sehr unterschiedlich:
Bei 12 % ging es um die gefährdete Versetzung, die Noten lagen bei 5 bis 6.
50 % standen auf Note 4 bis 5.
Bei ca. jedem Dritten lagen die Noten bei 3 bis 4.
Bei immerhin 11 % der Nachhilfeschüler lagen die Noten auf einem guten Niveau bei 2 und 3.
Sind es also schon noch in der Mehrzahl die versetzungsgefährdeten oder leistungsschwächeren Kinder, die zum Nachhilfeunterricht gehen, so ist der Anteil der leistungsstarken Schülerinnen und Schüler mit Nachhilfeunterricht doch erstaunlich hoch (laut den Zahlen fast genauso hoch wie der der versetzungsgefährdeten Kinder).
Ursachenforschung: Woran liegt das? Gibt es tatsächlich eine immer mehr steigende Erwartungshaltung der Eltern an ihre Kinder?
Denn immerhin sind es zumeist die Eltern, auf deren Initiative der Nachhilfeunterricht genommen wird. Diskutiert und kritisiert wird in diesem Zusammenhang ja auch immer wieder das frühe Festlegen auf das Gymnasium. Die Fixierung auf die gymnasiale Schullaufbahn, die damit zusammenhängende Stigmatisierung der Hauptschule als Restschule - als das ist eng verknüpft mit den immer unsicherer werdenden Berufsaussichten der Kinder durch die heutige ungünstige Arbeitsmarktsituation.
Dass ein guter Schulabschluss in diesem Rahmen immer wichtiger wird, scheint offensichtlich und prägt die Schullaufbahn der Kinder oft schon von Klasse 1 an.
Literatur Zitierte Studien:
Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS):
Dieter Dohmen/Annegret Erbes/Kathrin Fuchs/Juliane Günzel: Was wissen wir über Nachhilfe? Sachstand und Auswertung der Forschungsliteratur zu Angebot, Nachfrage und Wirkungen.
Bielefeld 2008.
Synovate Kids+Teens/Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V.:
Mit Nachhilfe kommt man weiter - Fakten zur Nachhilfesituation in Deutschland.
München 2007
Könnte Sie auch interessieren
Über den Autor/die Autorin
Dr. Lisa Mundzeck ist promovierte Historikerin und arbeitet als freie Online-Journalistin, wissenschaftliche Autorin und Archivarin in Hannover.