Jugendliche mischen mit - Engagement und Ehrenamt

Entwicklung und Erziehung
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von Christine Kammerer
Die jüngste Bertelsmann-Studie zum freiwilligen Engagement zeigt: Jugendliche in Deutschland sind sehr aktiv und sie würden sich sogar gerne noch stärker engagieren, wenn sie mehr Zeit hätten.
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Aktiv und engagiert

Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren sind die aktivste Gruppe unserer Gesellschaft. Sie investieren immerhin bis zu 5 Stunden die Woche in freiwillige Tätigkeiten. Ihr Engagement ist im Vergleich zu früheren Jahren geringfügig rückläufig. Das liegt jedoch nicht etwa am mangelnden Interesse sondern an anderweitigen Verpflichtungen. Jugendliche haben einen vollen Terminkalender - sie können trotz hoher Motivation ihre Ambitionen in Bezug auf das Ehrenamt nicht so ausleben, wie sie wollen. Ganz oben auf der Liste der häufigsten Aktivitäten Jugendlicher stehen Sport, Theater und Musik, aber auch die Beteiligung an Schülervertretungen, Naturschutzprojekten, Jugendverbänden oder kirchliche Gruppen sind sehr beliebt. Nur ein Teil von ihnen übernimmt neben der reinen Aktivität in der jeweiligen Gruppe auch Aufgaben im Sinne eines freiwilligen Engagements. So sind zwar über 50 Prozent aller Jugendlichen in Sportvereinen aktiv, engagiert im Hinblick auf die Übernahme weiterer Aufgaben sind jedoch nur 12 Prozent.

Pragmatismus statt Spaßgesellschaft

Freizeit und Geselligkeit spielen bei den 14 - 19jährigen nach wie vor eine große Rolle, doch aus dem nachlassenden Engagement in diesem Bereich kann man schließen, dass die reine Spaßorientierung unter Jugendlichen - wie übrigens auch im Rest der Gesellschaft - stark an Bedeutung verloren hat. Hier ist sowohl der Anteil der Aktiven als auch jener der Engagierten in den letzten Jahren erheblich zurück gegangen. Zugenommen haben dafür Aktivitäten, die sich dem Gemeinwohl widmen, wie zum Beispiel bei kirchlichen Institutionen und solche, die den eigenen Interessen förderlich sind, nämlich insbesondere im Hinblick auf den Erwerb und das Training von Kompetenzen, die dem beruflichen Vorankommen dienen. An erster Stelle steht jedoch nach wie vor der Spaß an der Tätigkeit und das Zusammensein mit anderen. Das Interesse von Jugendlichen an Politik hat allerdings weiter abgenommen, somit bleiben auch die Aktivitäten in diesem Bereich marginal.

In Verantwortung hineinwachsen

Ein bemerkenswert großer Teil der 14 - 19jährigen, nämlich fast zwei Drittel von ihnen, engagiert sich in der Leitung von Gruppen und der pädagogischen Betreuung anderer Kinder und Jugendlicher in ihrem Umfeld. Sie übernehmen verantwortungsvolle Aufgaben wie zum Beispiel das Training der E-Jugend im Fußballverein. Das freiwillige Engagement umfasst außerdem Tätigkeiten von der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit. Unterschiede zu den Aktivitäten anderer Altergruppen gibt es im Hinblick auf den Grad der Anforderungen kaum, eher schon im Umgang mit den einzelnen Aufgaben, zum Beispiel in Bezug auf das Internet: Während Erwachsene das Medium hauptsächlich zur Informationsbeschaffung nutzen, sind Jugendliche wahre Meister der Vernetzungsarbeit.

Knappes Zeitbudget

Beinahe 80 Prozent der ohnehin sehr aktiven 14 - 19jährigen würden gerne noch mehr Aufgaben übernehmen. Dem entgegen stehen jedoch meist andere zeitintensive Interessen wie die erheblich gestiegene Nutzung elektronischer Medien, Aktivitäten mit Freunden und andere Freizeitbeschäftigungen, die den Jugendlichen mindestens ebenso wichtig sind wie das Ehrenamt. Hinzu kommt eine deutlich gestiegene Belastung im Schul- oder Ausbildungskontext zum Beispiel durch die Verkürzung von Ausbildungszeiten, was insbesondere bei G8-Absolventen, Ganztagsschülern und Studierenden zu Einbrüchen beim freiwilligen Engagement führte.

Engagement und Integration

Während die Zahl der Aktiven mit mittlerem und höherem Bildungsstatus in etwa gleich ist, zählen deutlich mehr Jugendliche auf dem Weg zum Abitur oder zur Fachhochschulreife zu den Engagierten als solche mit (angestrebten) Real- oder sonstigen mittleren Bildungsabschlüssen. Gerade hier wird auch besonders deutlich, wie gravierend die Unterschiede zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen sind: Bei Jugendlichen ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss ist das ohnehin unterdurchschnittliche Engagement erheblich gesunken. Auch Jugendliche mit Migrationshintergrund sind beim freiwilligen Engagement gegenüber einheimischen Jugendlichen stark unterrepräsentiert. Das bedeutet, dass sich bei gesellschaftlichen Gruppen mit ohnehin schwierigen Voraussetzungen die Chancen auf zivilgesellschaftliche Teilhabe derzeit weiter verringern. Ihnen fehlen nicht nur Möglichkeiten der sozialen Integration sondern auch die Gelegenheit, zusätzliche Kompetenzen zu erwerben.

Links

Jugend in der Zivilgesellschaft.

Freiwilliges Engagement Jugendlicher von 1999 bis 2009,
(Bertelsmann-Studie zum ehrenamtlichen Engagement, April 2011)
www.bertelsmann-stiftung.de

jungbewegt: Projekt zur Förderung des Engagements junger Menschen der Bertelsmann Stiftung
www.bertelsmann-stiftung.de

Steckbriefe und Berichte von Jugendlichen, die sich engagieren.
www.deutscher-engagementpreis.de

Die bundesweite Freiwilligen-Datenbank der Aktion Mensch ermöglicht die Suche nach regionalen Organisationen und Projekten
www.aktion-mensch.de
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Über den Autor/die Autorin
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Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.

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