Spinat ist nicht viereckig
Entwicklung und Erziehung
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Spinat ist nicht viereckig
Hühnersuppe kommt aus der Dose, Salat aus der Tüte und Fisch wächst als Stäbchen: Fertigprodukte vermitteln Kindern nicht nur völlig falsche Vorstellungen über die Herkunft und Produktion von Lebensmitteln, sie sind – regelmäßig verzehrt - auch nicht gesund.
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Spinat ist nicht viereckig
Hühnersuppe kommt aus der Dose, Salat aus der Tüte und Fisch wächst als Stäbchen: Fertigprodukte vermitteln Kindern nicht nur völlig falsche Vorstellungen über die Herkunft und Produktion von Lebensmitteln, sie sind – regelmäßig verzehrt - auch nicht gesund.
Kein Schneiden, Schnippeln, langes Kochen und Braten: Fertigprodukte überzeugen vor allem durch ihre praktische Seite. Mit wenigen Handgriffen und in kurzer Zeit ist das Essen fertig. Und das Angebot ist mittlerweile riesig. In meterlangen Tiefkühltruhen und Regalen stapeln sich in Supermärkten Fertigprodukte in allen Geschmacksvarianten. Tolle Bilder der Menüs auf den Verpackungen machen Eindruck und wecken die Geschmacksnerven: Wieso lange am Herd stehen, wenn das günstige „Convenience-Produkt“ viel schneller zubereitet ist und ganz bestimmt genauso lecker schmeckt???
„Convenience“ ist das englische Wort für Annehmlichkeit. Und die wünschen sich immer mehr Menschen. Ob Studenten oder Mütter – oft ist die Zeit zum Kochen knapp, man greift allein schon aus praktischen Gründen zur Fertigsuppe aus der Dose oder den Spagetti mit Tomatensoße, denen der geriebene Parmesan gleich abgepackt und kleingerieben beiliegt.
Auch Kinder finden die Produkte toll. Auf Kindergeburtstagen zaubern Pommes und Chicken McNuggets ein Lächeln in die Kindergesichter. Ob Mini-Pizzen, Cowboy-Kartoffelsnacks, Raviolis oder Fischstäbchen – Kinder lieben Fertiggerichte, besonders die Produkte, die ihnen in der Werbung als besonders lustig, lecker und modern beschrieben werden.
Verkehrte Welt Wie sieht eigentlich richtiger Spinat aus? Woraus werden Pommes gemacht? Was ist ein Zucchino?
Immer mehr Kinder in Kindergärten und sogar Schulen können diese Fragen heute nicht mehr richtig beantworten. Kein Wunder! Wer von klein auf erlebt, dass der Spinat viereckig im Topf landet, nimmt das als selbstverständlich hin.
Nach einer Umfrage des Magazins "Der Spiegel" wissen viele Schüler nicht, dass Tiefkühlspinat überhaupt ein Naturprodukt ist. Legendär bleibt die Umfrage unter 40 000 bayrischen Schülern: Auf die Frage, welche Farbe Kühe haben, antworteten 30 Prozent mit „Lila“ – dem Dauerwerbeeinfluss einer bekannten Schokoladenmarke sei Dank.
Fertigprodukte entfremden Lebensmittel und nehmen den Kindern eine wichtige Erfahrung: Den Umgang mit „echten“ Lebensmitteln. Wie riechen frisch geschälte Kartoffeln? Wie entgrätet man einen Fisch? Wie schmeckt selbst gebackener Hefeteig? Frische Kräuter aus dem Garten? Der bewusste Umgang mit Lebensmitteln vom Einkauf übers Zubereiten und Kochen ist ein Lernprozess, der nicht nur die Sinne schärft, sondern Kindern wichtige Informationen über ihre Umwelt vermittelt.
Essgewohnheiten verfestigen sich Wenn das Essen immer aus Dose, Tüte oder Pappkarton in Topf, Pfanne oder Herd landet, wenige Knopfdrücke für die Garzeit sorgen und nach spätestens 15 Minuten eine fertige Mahlzeit dampfend auf dem Teller liegt, wird das Essen auch zu Hause zum industriellen Produkt degradiert.
Das sinnliche Erlebnis und auch die mit dem Kochen verbundene Arbeit bleiben aus. Kinder, die so aufwachsen, lernen, das Kochen „schnell und bequem“ sein muss. Nicht nur das: Die vielen Zusatzstoffe, die in Fertigprodukten enthalten sind, verfälschen die Geschmackswahrnehmung. Fertigprodukte sind in der Regel fettiger, süßer oder salziger als frisch zubereitete Mahlzeiten (die Kindern, die viel Fertigprodukte essen, häufig gar nicht mehr schmecken).
Diese Essgewohnheiten verfestigen sich und so verwundert es kaum, dass Kinder zwar anstandslos eine Brokkoli-Tütencremesuppe verspeisen, einen echten Brokkoli aber verweigern: „Bäh, der schmeckt aber komisch“.
Dieser Trend „Weg von der Natur“ ist sehr bedenklich: Die ersten zehn Lebensjahre gelten als Grundlage der Geschmacksgewohnheiten für das ganze Leben.
Vitaminmangel und Kalorienbomben Immer mehr Studien und Untersuchungen zeigen auf: Oft ist noch nicht mal drin, was draufsteht. Auf Pizzen ist kein echter Käse, sondern nur ein Fett-Würz-Gemenge, in Hühnersuppen ist kein Huhn und in Kartoffelsuppen keine Kartoffeln.
Künstliche Aromen, Austauschstoffe und viele, viele Tricks sorgen dafür, dass manches nur so aussieht, es aber nicht wirklich ist. Selbst wenn: Zerstampft, zerkocht, getrocknet, püriert, frittiert oder paniert haben die meisten Fertigprodukte auch das letzte Vitamin in die Flucht geschlagen.
Das Essen ist tot. Zum Ausgleich werden Vitamine angereichert. Ein umstrittener Prozess. Zum Einen kann eine einseitige Ernährung damit den Vitaminhaushalt eines Kindes fehlsteuern, zum anderen können angereicherte Vitamine niemals das natürliche Zusammenspiel von Vitaminen und pflanzlichen Sekundärstoffen ersetzen. In Deutschland gilt: Wer sich ausgewogen ernährt, hat keinen Vitaminmangel zu befürchten. Wer sich überwiegend von Fertigprodukten ernährt, schon.
Zudem: Wer ein Fertigprodukt kauft und verzehrt, kann selbst nicht mehr bestimmten, wie viel Fett, Zucker oder Salz er aufnimmt. Fertigprodukte enthalten meistens mehr Kalorien als frisch zubereitete Lebensmittel. Experten warnen deshalb seit vielen Jahren davor, Kinder sowohl zu Hause, als auch bei den bekannten Fast-Food-Ketten regelmäßig essen zu lassen. Der hohe Salzgehalt fördert zudem Erkrankungen, wie Bluthochdruck und Harnsteine.
In Maßen erlaubt. Und: Nicht alles ist schlecht Besonders im Winter ist es schwierig, hochwertiges und frisches Gemüse zu bekommen. Tiefkühlgemüse ist hier eine gute Alternative, denn es ist schockgefroren und hat noch (fast) alle Vitamine. Auch gefrorenes Fleisch, z.B. abgepackt vom Bio-Bauern, ist in der Regel ohne Zusatzstoffe.
Auch Dosentomaten enthalten meist mehr gute Inhaltsstoffe als ihre frischen Supermarktkollegen. Generell gilt: Hin und wieder sind Fertigprodukte durchaus erlaubt, z.B. als Ergänzung. Wer statt Pulverbrei frischen Kartoffelbrei zu Fischstäbchen und Möhrengemüse macht, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben.
Und statt einer ganzen TK-Pizza gibt es nur eine halbe pro Person, dafür aber eine große Schale frischen Salat. Wer wenig Zeit hat, kann vorkochen und einfrieren. Ob Suppe, Eintopf, Saucen, Gulasch, Schnitzel oder Rouladen – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt und wenn die ganze Familie mithilft, macht das Vorbereiten sogar Spaß!
Mut zum Experimentieren Ein großes Blech Pizza backen, aus Kartoffeln Pommesstäbchen schnippeln, aus Hühnerbrust, Ei und Semmelbröseln eigene Nuggets basteln – das macht Kindern einen Riesenspaß.
Vielleicht können Sie einen Tag der Woche zum „Experimente-Koch-Tag“ erklären und mit ihren Kindern die beliebten „Fertigprodukte“ selber herstellen, mit frischen Zutaten, eigenen Ideen und vor allem: Viel Zeit!
Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Guten Appetit!
Foto: © sil007 - Fotolia.com
Kein Schneiden, Schnippeln, langes Kochen und Braten: Fertigprodukte überzeugen vor allem durch ihre praktische Seite. Mit wenigen Handgriffen und in kurzer Zeit ist das Essen fertig. Und das Angebot ist mittlerweile riesig. In meterlangen Tiefkühltruhen und Regalen stapeln sich in Supermärkten Fertigprodukte in allen Geschmacksvarianten. Tolle Bilder der Menüs auf den Verpackungen machen Eindruck und wecken die Geschmacksnerven: Wieso lange am Herd stehen, wenn das günstige „Convenience-Produkt“ viel schneller zubereitet ist und ganz bestimmt genauso lecker schmeckt???
„Convenience“ ist das englische Wort für Annehmlichkeit. Und die wünschen sich immer mehr Menschen. Ob Studenten oder Mütter – oft ist die Zeit zum Kochen knapp, man greift allein schon aus praktischen Gründen zur Fertigsuppe aus der Dose oder den Spagetti mit Tomatensoße, denen der geriebene Parmesan gleich abgepackt und kleingerieben beiliegt.
Auch Kinder finden die Produkte toll. Auf Kindergeburtstagen zaubern Pommes und Chicken McNuggets ein Lächeln in die Kindergesichter. Ob Mini-Pizzen, Cowboy-Kartoffelsnacks, Raviolis oder Fischstäbchen – Kinder lieben Fertiggerichte, besonders die Produkte, die ihnen in der Werbung als besonders lustig, lecker und modern beschrieben werden.
Verkehrte Welt Wie sieht eigentlich richtiger Spinat aus? Woraus werden Pommes gemacht? Was ist ein Zucchino?
Immer mehr Kinder in Kindergärten und sogar Schulen können diese Fragen heute nicht mehr richtig beantworten. Kein Wunder! Wer von klein auf erlebt, dass der Spinat viereckig im Topf landet, nimmt das als selbstverständlich hin.
Nach einer Umfrage des Magazins "Der Spiegel" wissen viele Schüler nicht, dass Tiefkühlspinat überhaupt ein Naturprodukt ist. Legendär bleibt die Umfrage unter 40 000 bayrischen Schülern: Auf die Frage, welche Farbe Kühe haben, antworteten 30 Prozent mit „Lila“ – dem Dauerwerbeeinfluss einer bekannten Schokoladenmarke sei Dank.
Fertigprodukte entfremden Lebensmittel und nehmen den Kindern eine wichtige Erfahrung: Den Umgang mit „echten“ Lebensmitteln. Wie riechen frisch geschälte Kartoffeln? Wie entgrätet man einen Fisch? Wie schmeckt selbst gebackener Hefeteig? Frische Kräuter aus dem Garten? Der bewusste Umgang mit Lebensmitteln vom Einkauf übers Zubereiten und Kochen ist ein Lernprozess, der nicht nur die Sinne schärft, sondern Kindern wichtige Informationen über ihre Umwelt vermittelt.
Essgewohnheiten verfestigen sich Wenn das Essen immer aus Dose, Tüte oder Pappkarton in Topf, Pfanne oder Herd landet, wenige Knopfdrücke für die Garzeit sorgen und nach spätestens 15 Minuten eine fertige Mahlzeit dampfend auf dem Teller liegt, wird das Essen auch zu Hause zum industriellen Produkt degradiert.
Das sinnliche Erlebnis und auch die mit dem Kochen verbundene Arbeit bleiben aus. Kinder, die so aufwachsen, lernen, das Kochen „schnell und bequem“ sein muss. Nicht nur das: Die vielen Zusatzstoffe, die in Fertigprodukten enthalten sind, verfälschen die Geschmackswahrnehmung. Fertigprodukte sind in der Regel fettiger, süßer oder salziger als frisch zubereitete Mahlzeiten (die Kindern, die viel Fertigprodukte essen, häufig gar nicht mehr schmecken).
Diese Essgewohnheiten verfestigen sich und so verwundert es kaum, dass Kinder zwar anstandslos eine Brokkoli-Tütencremesuppe verspeisen, einen echten Brokkoli aber verweigern: „Bäh, der schmeckt aber komisch“.
Dieser Trend „Weg von der Natur“ ist sehr bedenklich: Die ersten zehn Lebensjahre gelten als Grundlage der Geschmacksgewohnheiten für das ganze Leben.
Vitaminmangel und Kalorienbomben Immer mehr Studien und Untersuchungen zeigen auf: Oft ist noch nicht mal drin, was draufsteht. Auf Pizzen ist kein echter Käse, sondern nur ein Fett-Würz-Gemenge, in Hühnersuppen ist kein Huhn und in Kartoffelsuppen keine Kartoffeln.
Künstliche Aromen, Austauschstoffe und viele, viele Tricks sorgen dafür, dass manches nur so aussieht, es aber nicht wirklich ist. Selbst wenn: Zerstampft, zerkocht, getrocknet, püriert, frittiert oder paniert haben die meisten Fertigprodukte auch das letzte Vitamin in die Flucht geschlagen.
Das Essen ist tot. Zum Ausgleich werden Vitamine angereichert. Ein umstrittener Prozess. Zum Einen kann eine einseitige Ernährung damit den Vitaminhaushalt eines Kindes fehlsteuern, zum anderen können angereicherte Vitamine niemals das natürliche Zusammenspiel von Vitaminen und pflanzlichen Sekundärstoffen ersetzen. In Deutschland gilt: Wer sich ausgewogen ernährt, hat keinen Vitaminmangel zu befürchten. Wer sich überwiegend von Fertigprodukten ernährt, schon.
Zudem: Wer ein Fertigprodukt kauft und verzehrt, kann selbst nicht mehr bestimmten, wie viel Fett, Zucker oder Salz er aufnimmt. Fertigprodukte enthalten meistens mehr Kalorien als frisch zubereitete Lebensmittel. Experten warnen deshalb seit vielen Jahren davor, Kinder sowohl zu Hause, als auch bei den bekannten Fast-Food-Ketten regelmäßig essen zu lassen. Der hohe Salzgehalt fördert zudem Erkrankungen, wie Bluthochdruck und Harnsteine.
In Maßen erlaubt. Und: Nicht alles ist schlecht Besonders im Winter ist es schwierig, hochwertiges und frisches Gemüse zu bekommen. Tiefkühlgemüse ist hier eine gute Alternative, denn es ist schockgefroren und hat noch (fast) alle Vitamine. Auch gefrorenes Fleisch, z.B. abgepackt vom Bio-Bauern, ist in der Regel ohne Zusatzstoffe.
Auch Dosentomaten enthalten meist mehr gute Inhaltsstoffe als ihre frischen Supermarktkollegen. Generell gilt: Hin und wieder sind Fertigprodukte durchaus erlaubt, z.B. als Ergänzung. Wer statt Pulverbrei frischen Kartoffelbrei zu Fischstäbchen und Möhrengemüse macht, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben.
Und statt einer ganzen TK-Pizza gibt es nur eine halbe pro Person, dafür aber eine große Schale frischen Salat. Wer wenig Zeit hat, kann vorkochen und einfrieren. Ob Suppe, Eintopf, Saucen, Gulasch, Schnitzel oder Rouladen – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt und wenn die ganze Familie mithilft, macht das Vorbereiten sogar Spaß!
Mut zum Experimentieren Ein großes Blech Pizza backen, aus Kartoffeln Pommesstäbchen schnippeln, aus Hühnerbrust, Ei und Semmelbröseln eigene Nuggets basteln – das macht Kindern einen Riesenspaß.
Vielleicht können Sie einen Tag der Woche zum „Experimente-Koch-Tag“ erklären und mit ihren Kindern die beliebten „Fertigprodukte“ selber herstellen, mit frischen Zutaten, eigenen Ideen und vor allem: Viel Zeit!
Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Guten Appetit!
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