LOHAS–nachhaltiger Lebensstil oder Kommerz mit gutem Gewissen?

Entwicklung und Erziehung
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von Christine Kammerer
Das englische Acronym LOHAS steht für "Lifestyle of Health and Sustainability". Es handelt sich dabei in aller Regel um Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen, die hohen Wert auf Gesundheit und Nachhaltigkeit legen, und gerne bereit sind, dafür etwas mehr Geld auszugeben. Kritiker bezeichnen die LOHAS auch als neue Konsumentenelite, als Lifestyle-Ökos oder „Biohèmes“.
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Das englische Acronym LOHAS steht für "Lifestyle of Health and Sustainability". Es handelt sich dabei in aller Regel um Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen, die hohen Wert auf Gesundheit und Nachhaltigkeit legen, und gerne bereit sind, dafür etwas mehr Geld auszugeben. Kritiker bezeichnen die LOHAS auch als neue Konsumentenelite, als Lifestyle-Ökos oder „Biohèmes“. Der Konsum öko-fairer Luxusartikel diene lediglich der Rechtfertigung eines extravaganten Lebensstils, der Selbstaufwertung und der Abgrenzung vom Normalkonsumenten.

Kommerz mit gutem Gewissen?

Die Philosophie der LOHAS beinhaltet eine bunte Mischung aus Einstellungen und Überzeugungen, die mühelos den traditionellen Spannungsbogen zwischen konservativem und alternativem Gedankengut überwinden. Sie verbindet Ökologie und Spiritualität mit Technikbegeisterung, Karriere- und Konsumdenken und liefert damit gerade in Deutschland eine Steilvorlage für bisher undenkbare politische Koalitionen.

Besonders die Verknüpfung von Konsum und Nachhaltigkeit erscheint dabei vielen Kritikern der LOHAS-Bewegung, die sich insbesondere aus den Reihen der traditionellen Ökobewegung rekrutieren, fragwürdig. Aus Sicht der Unternehmen sind LOHAS dagegen eine sehr vielschichtige, aber äußerst interessante Zielgruppe, denn sie investieren bereitwillig viel Geld in innovative Produkte mit Öko-Label.

Eine Marktforschungsstudie im Rahmen eines Projektes für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) charakterisiert die Bewegung als „konservativ, naturromantisch, unpolitisch, ästhetisch, anspruchsvoll, harmoniebetont, näheorientiert und ichbezogen".
Dennoch wäre es falsch, die LOHAS schlichtweg als konsumfreudige Hedonisten abzuurteilen, die sich ein gutes Gewissen erkaufen möchten. Sie sind zumindest auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit, wenn auch mitunter wenig konsequent und allzu vertrauensvoll im Hinblick auf Werbeversprechen und Etikettenschwindel.

Greenwashing versus Konsumentenmacht

Zahlreiche Unternehmen sind bereits auf den Zug aufgesprungen und haben ihrem Image einen grünen Anstrich verliehen. Doch ihre Produkte zielen keineswegs auf eine Verbesserung der Welt, sondern lediglich auf die Mehrung von Gewinn ab.
Grüne Überzeugungen und Verhaltensweisen liegen voll im Trend und so liegt es nahe, dass Marketing-Strategen ihren Unternehmen eine Philosophie verpassen, die diesem Zeitgeist entspricht, auch wenn es dabei meist nur bei der Fassade bleibt. Aus einem aufkeimenden grünen Bewusstsein wird purer grüner Kommerz geschlagen.

Die LOHAS wiederum finden viele gute Gründe für ihre Konsumneigungen, die allerdings häufig vornehmlich der Pflege des eigenen Gutmenschen-Image dienen: Sie definieren sich vordergründig über ihre Macht als Verbraucher. Sie sind der Überzeugung, dass sie durch ihr Kaufverhalten die Welt verändern und Druck auf die Konzerne ausüben könnten und unterliegen damit einer fatalen Selbstüberschätzung, denn bislang haben solche vermeintlich strategischen Kaufentscheidungen faktisch noch kaum ein Unternehmen zu einer authentisch ökologischeren Produktionsweise gezwungen.
Hersteller produzieren „Bio“ im Rahmen wirtschaftlicher Gesetzmäßigkeiten nicht etwa, weil sie plötzlich ihr Herz für grüne Visionen entdeckt haben, sondern weil das betreffende Geschäftsfeld ökonomisch einen interessanten Markt erschließt.

Alles Bio – die Kapitulation vor der Komplexität

Die Flut der Verhaltensregeln in Bezug auf einen nachhaltigen Lebensstil ist für den Normalverbraucher unüberschaubar.
Die Flucht in den Konsum von Produkten, die von den Produzenten zumindest als unbedenklich, im besten Falle aber als besonders umweltbewusst etikettiert werden, ist für viele sozusagen eine Kapitulation vor der Komplexität und ein sehr einfacher, gemeinsamer Nenner für einen neuen gesamtgesellschaftlichen Grundkonsens.
Und dies sollte bei aller Kritik an den konsumfreudigen LOHAs auf jeden Fall positiv vermerkt werden: Durch die Breite der Bewegung wird Umweltfreundlichkeit als fester Bestandteil des Lebensstils fest in der Gesellschaft verankert.

Links

Oliver Geden:
Strategischer Konsum statt nachhaltiger Politik? Ohnmacht und Selbstüberschätzung des „klimabewussten“ Verbrauchers.

Lifestyles of Healthand Sustainability – Typologien und Entwicklungsebenen Eine integrale Betrachtung der Zielgruppe LOHAS
http://www.richtung7.de/sites/default/files/ip-lohas-integral.pdf

Joachim Kronsbein: Grünkern und Gucci
http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-40858002.html

KarmaKonsum ist eine Trendforschungs- und Beratungsgesellschaft zu den Themen gesunde und nachhaltige Lebensstile (LOHAS) und neues Wirtschaften (CSR)
http://www.karmakonsum.de/

Utopia ist eine Stiftung mit kommerzieller Ausrichtung, die sich zum Ziel gesetzt hat, den gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit zu beschleunigen
http://www.utopia.de/
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Über den Autor/die Autorin
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Christine Kammerer, Politologin M. A., Heilpraktikerin (Psychotherapie), freie Journalistin und Trainerin. Berufliche Stationen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Bundeszentrale für politische Bildung, Deutscher Kinderschutzbund.

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